Junge Demokratie

Hitzige Debatten und höflicher Applaus: 119 Jugendliche lernen, wie Politik funktioniert  ■ Von Annette Weise

Die Parlamentarier haben Verspätung. Um neun Uhr sollte ihr Arbeitstag im Plenarsaal des Hamburger Rathauses beginnen, um zehn Minuten nach neun sitzen immer noch nicht alle auf ihren Plätzen. Schließlich nimmt die 18jährige Bürgerschaftspräsidentin, Katrin Sadlowski, in den schweren Sesseln oberhalb des Rednerpults Platz. Wehrpflicht ist das erste Thema der Aktuellen Stunde, die gestern bei der „Jugend im Parlament“ auf der Tagesordnung stand.

„Ich würde mich nicht dem abstrakten Begriff des Vaterlandes opfern“, sagt ein 18jähriger. Ein anderer beklagt, daß ihm durch den Bund „ein Jahr geklaut wird“. Auch Befürworter der Wehrpflicht gibt es: „Die Berufsarmeen in Amerika und England sind höchst ineffektiv“, behauptet ein bekennender Bundeswehrsoldat. Und sein Nachbar befindet: „Das einzige, was hilft, ist die Armee.“

Langsam werden auch die jungen Parlamentarierinnen warm. Eine junge Frau ist ganz angetan von der demokratischen Dimension der Bundeswehr. Die Wehrpflicht garantiere doch, daß die Soldaten aus allen Bevölkerungsschichten kämen. Und die Forderung: Frauen in die Bundeswehr? Auch für sie machen sich einige stark und ernten nur wenig Protest. Alle Redebeiträge werden höflich mit Applaus bedacht. In einem kurzen Meinungsbild entscheiden sich anschließend 35 Jugendliche für und 56 gegen die Wehrpflicht.

Der zweite Teil der Aktuellen Stunde dreht sich um die Asylpolitik in Hamburg. „Da muß ein Einwanderungsgesetz her“, ist Konsens. Über den Antrag auf mehr Geld für die Ausländerbehörde diskutiert das Parlament nicht mehr. Die Frage wird in einen von sieben Ausschüssen verwiesen. Bevor die 15- bis 21jährigen zur Gruppenarbeit ziehen, ermahnt die Präsidentin sie noch, sich ihrer Abgeordnetenehre würdig zu erweisen: „Denkt dran, ein Parlament setzt sich auch nicht auf den Rathausplatz.“

Pablo Zimdahl ist 18 Jahre alt und vorsichtig. Er wollte kennenlernen, wie ein Parlament funktioniert, sagt der Schüler. „Und mit dem Vorurteil aufräumen, daß Politiker nichts tun für ihr Geld.“ Die Resolutionen, die er und seine 118 Mitparlamentarier verfassen, werden nichts bringen, meint er, „aber so kann man vielleicht einen Akzent setzen“. Die 16jährige Yasemin Doruk ist zuversichtlicher: „Wir sind ja nicht zum Spaß hier, sondern wollen etwas erreichen.“