Gewerkschaft soll kooperieren

Fugmann-Heesing (SPD) hat sich auf ihrer USA-Reise für flexiblere Finanzpolitik und Umstrukturierung im öffentlichen Dienst in Berlin ausgesprochen  ■ Aus New York Uwe Rada

Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) hat sich auf ihrer USA-Reise für eine flexiblere Finanzpolitik in Berlin ausgesprochen. In Zeiten knapper Ressourcen, sagte Fugmann-Heesing am Montag abend vor den Mitgliedern des American Council of Germany in New York, sei es fraglich, ob der Staat und seine Sozialsysteme wie bisher existieren könnten. Vielmehr müßten staatliche Aufgaben um Elemente individueller Verantwortung ergänzt werden. Als Beispiel nannte die Finanzsenatorin die finanzielle Beteiligung an der Altersversorgung, die Abschaffung der Lernmittelfreiheit für Besserverdienende sowie die Akzeptanz von Billigjobs. An Gesundheits- und Arbeitslosenversicherung sollte aber festgehalten werden.

Zuvor hatte sich Fugmann-Heesing zu einem anderthalbstündigen Gespräch mit der ehemaligen Stadtkämmerin von New York, Carol O'Cleireacain, getroffen. O'Cleireacain, die heute beim demokatischen Think-Tank „Brookings“ arbeitet, war von 1990 bis 1994 für die New Yorker Finanzpolitik verantwortlich. Bei der Unterredung ging es allerdings vorwiegend um die New Yorker Haushaltskrise von 1975 sowie deren Überwindung.

„Die wichtigste Maßnahme, die Budgetkrise in den Griff zu bekommen, war eine Politik der Personalsteuerung in Kooperation mit den Gewerkschaften“, faßte Fugmann-Heesing den „Erfahrungsaustausch“ zusammen. Im Klartext: Die Krise am Hudson-River konnte damals nur durch erhebliche Einschnitte im Sektor der öffentlich Beschäftigten erreicht werden. Immerhin betrugen die Kosten für Löhne und Gehälter zu dieser Zeit 60 Prozent des New Yorker Kommunalbudgets. Und auch die Kooperation der Gewerkschaften, von der O'Cleireacain berichtet hat, war nicht gerade freiwillig gewesen. Immerhin hatte der vom Staat New York eingesetzte Staatskommissar mit Massenentlassungen gedroht. Für die Gewerkschaften der kommunal Beschäftigten war es in den siebziger Jahren daher eine Frage des Überlebens, sich auf Maßnahmen wie einen dreijährigen Gehaltsstopp, eine Reform der Pensionen sowie eine Neustrukturierung der Tarife bei Neueinstellungen einzulassen. Kritiker des damaligen Konsolidierungskurses wie der Stadtsoziologe Peter Marcuse von der Columbia-Universität behaupten sogar, die New Yorker Stadtregierung habe die Finanzkrise bewußt herbeigeführt, um den Einfluß der Gewerkschaften zu brechen.

Zwar betonte die Finanzsenatorin auch die Unterschiede beider Städte sowie die Verschiedenheit der finanzpolitischen Ausgangsbedingungen. Eine Reform des öffentlichen Beschäftigungssektors, so Fugmann-Heesing, könne sie sich in Berlin allerdings auch vorstellen. Als Beispiel nannte sie die BVG, wo im Zusammenhang mit der Überführung in eine Holding auch über eine Neuorganisation der Beschäftigungsverhältnisse nachgedacht werde. „Unternehmen, die in den Wettbewerb gehen und Tarife haben, die nicht wettbewerbsfähig sind, haben Schwierigkeiten, auf dem Markt zu bestehen“, sagte Fugmann-Heesing und appellierte gleich an die Kooperationsbereitschaft der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV).

Ganz wollte die Berliner Eiserne Lady am ersten Tag ihrer USA-Reise allerdings auch nicht auf das Wirtschafts- und Jobwunder USA vertrauen. Vor allem im Bereich der sozialen Sicherung betonte Fugmann-Heesing die Unterschiede zwischen den USA und der Bundesrepublik. Gleiches gelte für die Kultur, die zu fördern in Deutschland auch eine Frage des Staates sei. „Eine Gesellschaft, die sich nicht um Kultur kümmert“, sagte Fugmann-Heesing zur Erheiterung der Mitglieder des American Council of Germany, „wird bald nur noch über Sex und Crime reden.“