EU-Jein zu Birma-Sanktionen

EU-Außenminister verschärfen die Sanktionen gegen Birmas Militärjunta, doch die EU-Kommission geht zugleich gegen Birma-Sanktionsgesetz der USA vor  ■ Von Sven Hansen

Berlin (taz) – Die Außenminister der Europäischen Union (EU) haben beschlossen, die vor zwei Jahren gegen Birma verhängten Sanktionen nur etwas zu verschärfen. Auf ihrer Tagung am Montag abend in Luxemburg beschlossen sie, das Visumverbot für die birmesische Militärjunta auch auf Transitvisa und auch auf Tourismusfunktionäre auszudehnen. Die EU-Außenminister unterstrichen auch die Forderung der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, daß Touristen nicht nach Birma reisen sollten, weil die Tourismuseinnahmen in erster Linie der Junta zugute kommen. Weitreichendere Sanktionen lehnten die EU-Minister jedoch ab.

Bereits 1996 hatten die EU-Minister ein Waffenembargo und die Aussetzung nicht-humanitärer Entwicklungshilfe gegenüber dem südostasiatischen Regime beschlossen. Mit den Sanktionen sollen Birmas Generäle gezwungen werden, die massive Unterdrückung der Opposition zu beenden und dem 1990 gewählten Parlament Platz zu machen, in dem die Vertreter der Demokratiebewegung eine überwältigende Mehrheit haben.

Bei der EU-Außenministertagung konnten sich die Niederlande mit ihrer Forderung nach einem Verbot europäischer Neuinvestitionen in Birma nicht durchsetzen. Dieses Verbot wäre einem entsprechenden US-Dekret von Präsident Clinton von 1997 vergleichbar gewesen. Dabei waren sich die EU-Minister einig, daß sich die Situation in Birma zugespitzt hat. Insbesondere Frankreich blockierte einen Investitionsboykott. Der französische Ölkonzern Total ist in Birma in ein Großprojekt involviert.

1997 kamen 60 Prozent der Auslandsinvestitionen in Birma aus der EU, die sich vor allem im Energiebereich konzentrieren und von denen die Junta direkt profitiert. „Das heißt: Europa ist für die Finanzierung der Repression in Birma verantwortlich“, sagt Gijs Hillenius vom Burma Centre Nederland in Amsterdam. Der Anteil der Militärausgaben an Birmas Staatshaushalt betrage 50 Prozent. Den neuen Sanktionsbeschluß bezeichnet er als „enttäuschend und nicht ausreichend“.

Was auf den ersten Blick als kleiner Fortschritt erscheint, hintertrieb bereits in der vergangenen Woche die EU-Kommission. Vor der Welthandelsorganisation (WTO) reichte EU-Kommissar Leon Brittan Beschwerde gegen das Birma-Sanktionsgesetz des US-Bundesstaates Massachusetts ein. 1996 hatte das Parlament des US-Ostküstenstaats beschlossen, bei Ausschreibungen öffentlicher Aufträge künftig die Angebote aller Bewerber mit Geschäftsverbindungen zu Birma um 10 Prozent zu verteuern. In der Praxis bekommen damit Firmen mit Birma-Verbindungen keine öffentlichen Aufträge mehr. Außer Massachusetts haben inzwischen auch 19 andere US-amerikanische Kommunen, darunter die Städte New York und San Francisco, vergleichbare Birma-Sanktionsgesetze verabschiedet. Konzerne wie Apple, Motorola, Hewlett Packard, Philipps und Ericsson haben sich wegen des Massachusetts-Gesetzes bereits aus Birma zurückgezogen. Auf der schwarzen Liste des US-Bundesstaats stehen auch mehrere deutsche Konzerne, darunter Siemens, BMW und Lufthansa.

Die EU-Kommission wirft den USA in ihrer WTO-Klage vor, US- Gesetze auf die Aktivitäten ausländischer Firmen in Drittländern zu übertragen. Auch wird befürchtet, künftig mit einer Vielzahl ähnlicher Gesetze konfrontiert zu sein. Es gibt bereits Beschlüsse zu Nigeria und Indonesien. Ein US-Industrieverband klagt gegen das Birma-Sanktionsgesetz, weil die Außenpolitik der Regierung in Washington vorbehalten sein sollte.

Der Bostoner Investmentberater und Initiator des Birma-Sanktionsgesetzes, Simon Billenness, bezeichnet die EU-Politik als „doppelbödig“. Das Gesetz sei eine exakte Kopie eines Beschlusses gegen Südafrika aus den achtziger Jahren, gegen den die EU nicht vorgegangen sei.