Windbetriebener Wühlmausschreck

■ Auf der Erfindermesse in Nürnberg sind diese Woche Geldgeber für die Verwirklichung kreativer Ideen gesucht. Patentamt muß Stellen abbauen trotz steigender Anmeldungen

Nürnberg (taz) – „Als ich beim Skaten kräftig auf die Schnauze gefallen bin“, lacht Tyll Ruhtenberg aus Hamburg, „kam mir der Gedanke, eine wirksame Bremse zu entwickeln.“ Rund 800 Gramm wiegt der Bremsstab „Tyll-Bremse mit dem weltweit einzigartigen Flott-Stop-System“, den Ruhtenberg entwickelt hat und jetzt auf der Nürnberger Erfindermesse „Ideen–Erfindungen–Neuheiten“ (Iena) präsentiert. Zum 50. Mal treffen sich bei der Erfindershow, die vom 28. Oktober bis zum 1.November dauert, die Kreativen dieser Welt: diesmal mehr als 300 aus 25 Ländern mit rund 500 Neuheiten.

Ob die beiden Schülerinnen, die einen Handschuhtrockner entwickelt haben, oder der Passauer Ingenieur Hans Fuchs, der eine mit Windkraft betriebene Anlage zur Vertreibung von Wühlmäusen durch unregelmäßige Klopfgeräusche im Boden zeigt – alle hoffen auf den Durchbruch bei der Messe.

Karl Bauch vom Deutschen Erfinderverband bekräftigt: „Das sind alles keine Wirrköpfe, sondern normale kreative Leute, die gute Einfälle vermarkten wollen.“ Sie alle hoffen bei der Iena auf Kontakt zu Entwicklungsabteilungen großer Unternehmen oder wagemutigen Geldgebern, die ihren Geistesblitzen auf den Weg helfen. Immerhin können die Veranstalter der Iena auf eine lange Liste von Erfindungen verweisen, die in Nürnberg ihren Siegeszug auf dem Markt begonnen haben. Dazu gehörten der Autosicherheitsgurt, kindersichere Steckdosen und Klappfahrrad ebenso wie Rollenkoffer oder Schwimmflügel.

Von freien Erfindern wie Ruhtenberg kommen 16 Prozent der in Deutschland angemeldeten Patente, so bestätigt Petra Fortuna vom Deutschen Patentamt in München. Allein in der ersten Jahreshälfte 1998 wurden rund 35.000 Patente angemeldet, das sind 17 Prozent mehr als in der gleichen Zeit des Vorjahres. Trotz seit Jahren steigender Anmeldezahlen mußte die oberste Patentbehörde in München Personal abbauen. 1993 standen noch 612 technische Prüfer bereit, um die eingereichten Patentschriften zu bearbeiten, heute sind es nur noch 567. Dabei wäre eine prompte Bearbeitung notwendig, denn die Konkurrenz schläft nicht. So wollen auch Günther Steinert aus Erfurt und Claus Endres aus Frankenthal, die gemeinsam ein Sicherungssystem für Wasserleitungsschäden entwickelt haben, die genaue Wirkungsweise ihres „Waterprofi“ keinesfalls verraten. „Bereits zu 60 Prozent ist der Apparat serienreif“, freuen sich die beiden und hoffen auf Interessenten aus der Sanitärtechnik.

Den beiden Schülerinnen des Maristengymnasiums Fürstenzell mit ihrem Handschuhtrockner ist das völlig egal. Stolz zeigen sie die Vorrichtung mit zwei Lockenstäben und Abdeckkappe, die jeden nassen Handschuh in Minutenschnelle wieder trocknet. Ihr Gymnasium konnte in den letzten Jahren schon 17 Patente für Schüler anmelden. Horst Peter Wickel