Protest beim UN-Tribunal

■ Hungerstreik von 23 der 32 Inhaftierten des Ruanda-Völkermordtribunals in Arusha

Nairobi (taz) – Die meisten Angeklagten des ruandischen Völkermordtribunals (ICTR) in Arusha sind in den Hungerstreik getreten. Das Tribunal gab gestern bekannt, es habe am Montag einen von 25 der 32 Inhaftierten unterzeichneten Brief erhalten, in dem diese die „Verletzung ihre Menschenrechte bei der Zuteilung eines Anwaltes“ als Begründung für ihren Schritt angaben. ICTR-Sprecher Kingley Moghalu sagte jedoch der taz, daß zwei davon gestern morgen schon wieder Nahrung zu sich genommen hätten. Er schloß Verhandlungen aus. „Das Gericht läßt sich nicht einschüchtern. Der Streik ist unbegründet, und wir halten an unserem Statut fest.“

Am vergangenen Donnerstag war zuerst Jean-Paul Akayesu, ein ehemaliger ruandischer Bürgermeister und der erste für schuldig befundene Angeklagte des Völkermordtribunals, in den Hungerstreik getreten. Er wartet auf die Revision seines Prozesses und protestiert dagegen, daß der Verwaltungschef ihm den Verteidiger seiner Wahl verweigere. Akayesu hat während seines Verfahrens zweimal den Anwalt gewechselt. Ein dritter, kanadischer Anwalt wurde abgelehnt, weil er nicht über die notwendige Erfahrung verfüge.

Die Praxis der Auswahl eines Pflichtverteidigers ist ein alter Streitpunkt in Arusha. Es gibt eine Liste von mehreren hundert Verteidigern, aus denen die Angeklagten auswählen dürfen. In Ausnahmefällen dürfen sie sogar jemanden von außerhalb der Liste wählen. Da die meisten jedoch darauf angewiesen sind, daß das Gericht die Anwaltskosten bezahlt, hat der Verwaltungschef des Tribunals das letzte Wort. Das Gericht verweist in seiner Pressemitteilung darauf, daß Angeklagte auch in nationalen Strafprozessen ihre Pflichtverteidiger ohne Rücksprache zugewiesen bekämen. Peter Böhm