Holter: PDS-Basis will Rot-Rot

■ PDS-Chef in Mecklenburg-Vorpommern sieht einen "Meinungsumschwung" zugunsten einer Koalition mit der SPD. Widerstand kommt jetzt nur noch von wenigen rechten Sozialdemokraten

Schwerin (taz) – Die gute Laune des PDS-Landesvorsitzenden von Mecklenburg-Vorpommern strömte förmlich durch die Leitung. Ein „Meinungsumschwung“ an der skeptischen PDS-Basis sei „ganz eindeutig feststellbar gewesen“, flötete Helmut Holter gestern ins Telefon. Heute gehen in Schwerin die Koalitionsverhandlungen zwischen Sozialisten und Sozialdemokraten zu Ende.

Holter hatte zuvor den PDS- Parteirat, den Landesvorstand sowie die Kreisvorsitzenden über die bisherigen Ergebnisse der rot-roten Regierungsverhandlungen mit der SPD informiert. Die Gremien hätten seiner Verhandlungsgruppe „volle Rückendeckung wegen der Seriosität und der Erfolge unserer Gespräche“ signalisiert und sie aufgefordert, gegenüber der SPD „das Maximale zu fordern“. Für Holter steht damit fest, daß er um das Bündnis verhandelt, das er schon immer wollte, „eine Koalition“.

Noch vor zwei Wochen war der 45jährige mit dieser Forderung auf dem PDS-Landesparteitag in Sternberg unterlegen. Statt dessen wurde er mit nur einer Stimme Mehrheit dazu verpflichtet, „ergebnisoffen“ mit der SPD zu reden, auch über eine Tolerierung. Doch davon ist in Schwerin inzwischen keine Rede mehr. „Ich gehe davon aus, daß wir um eine Koalition verhandeln“, hatte Holter bereits am Freitag abend vor der Presse verkündet, und der künftige Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) hatte dem nichts hinzuzufügen: „Herr Holter hat es bereits gesagt, dabei wollen wir es belassen.“

Zwar müssen die strittigen Themen Arbeitsmarktpolitik und Finanzen Anfang dieser Woche nachverhandelt werden, doch wollen PDS und SPD an ihrem bisherigen Fahrplan trotzdem festhalten. „Voraussichtlich“, so der SPD- Landesgeschäftsführer Nikolaus Voss, „wird es am 31. Oktober einen SPD-Parteitag geben.“ Zeitgleich wollen auch die PDS-Delegierten tagen, um das dann bundesweit erste rot-rote Regierungsbündnis abzusegnen. Irgendwie, gibt sich Ringstorff zuversichtlich, werde man übereinkommen: „Die Atmosphäre bei den Verhandlungen ist sehr gut.“ Solche Äußerungen bringen derweil die rechte SPD-Basis, den sogenannten Güstrower Kreis, auf die Palme.

Am Samstag trafen sich rund 30 schäumende Sozialdemokraten, zumeist einfache SPD-Mitglieder ohne Delegierten- oder Landtagsabgeordnetenstatus, zur Krisensitzung in Schwerin. Sollte es zu einer Koalition kommen, „treten wir aus der Partei aus“, drohten etwa die beiden SPDler Bruno Schuckmann und Stephan Haring. Denn: „Viele von uns sind 1989 gegen die Kommunisten auf die Straße gegangen.“ Die Entscheidung, ob es zu einer Koalition mit der PDS komme, dürfe nicht der Parteitag fällen, forderten sie. Statt dessen solle es eine „kurzfristige Urabstimmung“ aller 4.000 SPD-Mitglieder im Land geben. Daß der Landesvorstand dieser Forderung nachkommen wird, gilt jedoch als unwahrscheinlich: Einst prominente und einflußreiche SPDler wie Justizminister Rolf Eggert haben ihre Einstellung zur PDS geändert und betrachten den Güstrower Kreis als aufgelöst. Heike Haarhoff