Erst Funkeln, dann Funk

■ Soul, Show, Entertainment: Die HipHop-Veteranin MC Lyte brachte mit ihrem großen Gefolge Glamour in die Fabrik

Kein normaler Abend, wenn es so etwas denn gibt. Auch wenn tagelanger Dauerregen mit Wechselböen in dieser Stadt kurz vor November keinesfalls auffällig ist, trug das Wetter dennoch seinen Teil dazu bei, den Schritt vor die Tür zu einer echten Entscheidung und die Fabrik zur schutzbietenden Zuflucht zu machen. Diese Herberge nun besteht aus Holzbalken und riecht auch im 30. Jahr ihres Bestehens nach Arbeit, Punk und Frühschoppen, vielleicht auch nach Jazz, Fusion und Kabarett, aber auf gar keinen Fall nach Funk, Soul, Show, Entertainment.

Dennoch standen sie einfach so da, zwei Köpfe über einer feucht dampfenden Menschenmenge, wie ein Lichtstrahl, eine Satellitenübertragung aus Las Vegas: Amari. Völlig irrelevant, woher da Bass, Beats und Loops kommen. Vom DAT natürlich, wie auch bei den im fliegenden Wechsel folgenden britischen Kolleginnen von First Class, die leider trotz ihres größeren ästhetischen HipHop-Bezugs – und dies war ein HipHop-Konzert – kaum präsent waren. Stimmen im umgekehrten Verhältnis zur Größe ihrer Kopfbedeckungen, blutarmer R&B-Hop.

Danke für die Pause, danke für das Schlagzeug, den Bass, den DJ, die Sängerinnen, die Tänzer, die große, geölte HipHop-Maschine, die MC Lyte im Anschluß auffuhr. Die Frau weiß, was sie tut und wie es geht. Ihre Tracks sind kraftvoll, nicht schmierig; funky, nicht anzüglich. Als Verweis mögen Chuck D oder auch KRS-One herhalten. Jahrelange Positionierung, Status Quo, Seriosität sind hier deutlich auszumachen. Alles gut. Erst war da ein Funkeln, dann Funk. Zurück ins Grau.

Holger in't Veld