Kein Eid, mein Eid, ihr Eid?

■ PUA Filz zweifelt an BAGS-Amtsleiterin Elisabeth Lingner. Oder an Ex-Senatorin Helgrit Fischer-Menzel. Oder an beiden.

Fast wäre es zu einer Premiere gekommen. Nur mit äußerster Mühe gelang es dem PUA-Vorsitzenden Günter Frank (SPD), die Vereidigung der Zeugin Elisabeth Lingner (SPD) zu verhindern. Die Amtsleiterin in der Sozialbehörde stand am Dienstag abend erneut vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuß (PUA) zu den Filzvorwürfen gegen die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) – und widersprach ihren Aussagen von vor drei Wochen.

Deswegen beantragte die CDU nach der Vernehmung die Vereidigung Lingners. Und traf damit, zum Ärger des sozialdemokratischen PUA-Vorsitzenden, auf Wohlwollen bei der GAL. Erst in einer fünfzehnminütigen lautstarken Auszeit gelang es Frank, die GAL-Ausschußmitglieder zur Enthaltung zu bewegen. Der CDU-Antrag konnte somit von der SPD-Mehrheit abgelehnt werden.

Dabei hatte Frank selbst die Zeugin Lingner, als Leiterin des Amtes für Soziales und Rehabilitation in der BAGS eine der Schlüsselfiguren im Skandal um die über die Ehegatten-Affäre gestolperte SPD-Senatorin Helgrit Fischer-Menzel, ungewöhnlich unfreundlich begrüßt. Der Ausschuß habe „erhebliche Zweifel an der Richtigkeit“ ihrer ersten Aussage drei Wochen zuvor, hielt er ihr entgegen. Eine Drohung, die nicht ohne Wirkung blieb.

Die „S-Runde am 6. August 1997“, gab sie daraufhin zu, sei doch anders verlaufen, als sie bei ihrer ersten Vernehmung ausgesagt hatte. Das Thema „Vorsorgeplätze“ habe keineswegs auf der Tagesordnung gestanden, Fischer-Menzel habe sie „spontan“ danach gefragt. Deshalb sei sie unvorbereitet gewesen und habe ausweichend geantwortet. Der Verlauf dieser S-Runde, der wöchentlichen Konferenz von Senatorin, Staatsrat und AmtsleiterInnen in der BAGS, ist das vielleicht entscheidende Mosaiksteinchen in dem Skandal, der zu Fischer-Menzels Rücktritt am 1. März dieses Jahres führte.

Warum, so will der PUA klären, wollte die Senatorin informiert werden über einen Routine-Vorgang, mit dem sie normalerweise nie befaßt wäre: die Einrichtung von Therapieplätzen für Alkoholiker? Wußte Fischer-Menzel damals, daß die zuständige Amtsleiterin, also Lingner, den fraglichen Auftrag bereits vergeben hatte? Und zwar an das Guttempler-Hilfswerk und nicht an die Alida-Schmidt-Stiftung, deren Geschäftsführer Senatorin-Gatte Peter Fischer war und noch immer ist. Warum teilte Lingner diesen Fakt der Senatorin nicht einfach mit?

Nach vierstündiger Vernehmung vor dem PUA wurde deutlich, daß Lingner in jener S-Runde ahnte, Fischer-Menzel wisse um die Auftragsvergabe. Genau diesen Punkt aber hatte Fischer-Menzel bei ihrer Aussage vor dem PUA bestritten.

Eine der beiden, das ist seit Dienstag abend klar, hat erhebliche Zweifel an der Richtigkeit ihrer Aussage genährt.

Sven-Michael Veit