Krüger wechselt weiter Windeln

■ Der frühere Jugendsenator Thomas Krüger ersparte der SPD mit dem Verzicht auf seine Kandidatur für das Arbeitsressort eine Zerreißprobe. SPD-Parteispitze schlägt die SPD-Abgeordnete Gabriele Schöttler als Na

SPD-Parteichef Detlef Dzembritzki und SPD-Fraktionschef Klaus Böger haben den Parteigremien gestern die SPD-Abgeordnete Gabriele Schöttler als neue Arbeits- und Frauensenatorin vorgeschlagen. Für den gestrigen Abend wurde erwartet, daß die 45jährige Ostberlinerin bei einer gemeinsamen Sitzung von SPD-Landesausschuß und Fraktion für das Amt nominiert wird.

Zuvor hatte der frühere Jugendsenator Thomas Krüger (SPD) mit seinem überraschenden Verzicht auf eine Kandidatur seiner Partei eine Zerreißprobe erspart. Eine Kampfabstimmung gegen Schöttler wäre der Partei abträglich gewesen, begründete Krüger gestern seinen Rückzug. Er betonte mehrmals, er habe sich um das Amt nicht beworben, sondern er sei von SPD-Fraktionschef Klaus Böger gefragt worden.

Die schwere Niederlage, die Böger mit seinem Personalvorschlag erlitten hat, könnte sich auch negativ auf seine Chancen für die Spitzenkandidatur auswirken. Krüger hatte sich am Dienstag abend zu einem Rückzug entschlossen, nachdem sich äußerst knappe Mehrheiten in Landesausschuß und Fraktion abzeichneten. Für den Fall, daß Krüger nominiert worden wäre, hatte die ehemalige Arbeitssenatorin Christine Bergmann vorgeschlagen, das Frauenressort der Finanzverwaltung zuzuordnen. Dies hatte in der Partei jedoch flügelübergreifend starke Gegenwehr ausgelöst. Der Ressortzuschnitt Arbeit und Frauen war in den Koalitionsverhandlungen hart erkämpft worden. Krüger selbst bezeichnete die geplante Trennung der beiden Ressorts als „unglücklich“. Er wolle mit seinem Schritt „Konfliktpotential abbauen“ und die Frauen nicht in eine strukturelle Opposition bringen. Beim SPD-Parteitag am 6./7. November war eine kontroverse Debatte über die Abtrennung des Frauenressorts erwartet worden. Es lagen mehrere Gegenanträge vor.

Krüger will nun wie geplant ein Babyjahr einlegen, um seine studierende Frau zu entlasten. Danach stehe er der Berliner Politik wieder zur Verfügung, „nicht für Experimente, sondern in seinem Fachgebiet Medien- und Kulturpolitik“. Deutliche Kritik übte Krüger daran, daß die SPD nicht genügend Politiker aus dem Ostteil der Stadt aufbaue. Wenn man sich bei der Besetzung von Ämtern auf einige wenige Personen fokussiere, führe dies zu Kontroversen.

SPD-Fraktionschef Klaus Böger erklärte, er unterstütze Schöttlers Kandidatur „mit voller Überzeugung“, auch wenn sie noch über keine Erfahrung verfüge, eine Senatsverwaltung zu leiten. Er werde für eine breite Zustimmung werben und hoffe, daß „Bedenken zurückgestellt werden“. Schöttler, die seit 1990 SPD-Abgeordnete ist, sagte, sie verfüge als Sozialpolitikerin auch über Erfahrung in der Arbeitsmarktpolitik. Die rot-grünen Koalitionsvereinbarungen in Bonn erleichterten die Arbeitsmarktpolitik in Berlin, da neue Finanzierungsmöglichkeiten für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen beschlossen worden seien.

Die Frage, wer Schöttler als Staatssekretärin flankiert, blieb gestern noch offen. Dem Vernehmen nach ist die Kreuzberger Sozialstadträtin Ingeborg Junge-Reyer (SPD), die ebenfalls als Senatorin im Gespräch war, bereit, diese Aufgabe zu übernehmen. Dorothee Winden