Irdische Probleme in Deutschlands Kulturhimmel

■ Noch immer laboriert die Stiftung Preußischer Kulturbesitz an den Folgen von Krieg und Nachkriegszeit. 1957 im Westen gegründet, nahm sie 1990 die Ost-Museen unter ihre Fittiche

Am Anfang stand das Chaos. Gemälde, Skulpturen, Bücher der preußischen Sammlungen waren nach dem Krieg in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Nur wenige Kunstobjekte hatten in Berlin überdauert, der größte Teil war ausgelagert, als Kriegsbeute verschleppt oder zerstört. Die Bundesländer Baden-Württemberg, Hessen und Niedersachsen verwalteten jenen Teil des Preußenerbes, den es in den Westen verschlagen hatte. Um diese verstreuten Sammlungen wieder zu vereinigen, beschloß der Bundestag 1957 die Errichtung der „Stiftung Preußischer Kulturbesitz“.

Doch die Länder sahen ihre Kulturhoheit verletzt. Erst als das Verfassungsgericht ihre Klage abgewiesen hatte, konnte die Stiftung 1961/62 ihre Arbeit aufnehmen. So entstanden im Westen, während die DDR ihre Bestände auf der Museumsinsel wieder vereinte, neue Museen in Dahlem, Charlottenburg und am Kulturforum. Von den drei Millionen Bänden, die die Preußische Staatsbibliothek am Vorabend des Krieges besessen hatte, kamen 1,8 Millionen in den Westen. Sie bildeten den Grundstock der 1978 eröffneten Staatsbibliothek am Kulturforum.

Nach dem Fall der Mauer schlüpften auch die Ostberliner Museen und die Deutsche Staatsbibliothek wieder unter das Dach der Stiftung, so bestimmte es der Einigungsvertrag. Inzwischen sind die 14 Museen Ost mit den 14 Museen West organisatorisch zu 17 Museen vereint, auch aus den beiden Häusern der Stabi wurde formal eine Bibliothek. Damit sind die kulturellen Hinterlassenschaften Preußens, mit Ausnahme der umstrittenen russischen „Beutekunst“, wieder in einer Hand.

Die innere Einheit der Sammlungen läßt freilich noch auf sich warten. Die Museumsbesucher kämpfen mit ständigen Umzügen, Schließungen oder Provisorien. Die mit rund neun Millionen Bänden größte deutsche Bibliothek hält einen einsamen Rekord: Um ein einziges Buch zu finden, müssen die Benutzer bis zu fünf verschiedene Kataloge konsultieren. Handelt es sich um Vorkriegs-Altbestände, brauchen sie anschließend ein scharfes Auge: Ein dünnes Bleistifthäkchen im „Alten Realkatalog“ signalisiert, daß der gewünschte Band nach dem Krieg überhaupt zurückgekehrt ist. Sonst kommt der Leihschein postwendend zurück: „Kriegsverlust“.

Viele Probleme also erwarten den neuen Stiftungspräsidenten. Er hat ohnehin kaum Chancen, sich als unternehmungslustiger Kultur-Zampano zu gerieren: Von den knapp 390 Millionen Mark des jährlichen Haushalts stehen nur 3,5 Millionen für publikumswirksame Sonderausstellungen zur Verfügung. Auf dem deutschen Kultur- Olymp angekommen, kann der Präsident bestenfalls ein kreativer Bewahrer sein, der die 1830 gegründeten „Königlichen Museen zu Berlin“ und die 1661 eröffnete „Churfürstliche Bibliothek zu Cölln“ ins neue Jahrtausend führt. rab