Ganz anders als die anderen

Katja Kraus, einst Torfrau beim FSV Frankfurt und im Nationalteam, bekleidet beim Bundesligisten Eintracht Frankfurt als Pressesprecherin einen traditionellen Männerjob  ■ Von Klaus Teichmann

Siebenmal hat sie das Tor des Fußball-Nationalteams gehütet. Doch eigentlich „war ich so etwas wie Oliver Kahn“, sagt Katja Kraus – im Aufgebot war sie nämlich jahrelang. Fachlich macht ihr niemand was vor, dennoch hat sie bei ihrem Job als Pressesprecherin von Eintracht Frankfurt noch mit so manchem dümmlichen Vorurteil zu kämpfen – „als Frau reicht es in manchen Situationen nicht, einfach nur gut zu sein. Man muß auch zeigen, daß man robust ist.“

27 ist sie heute, und die Liste der Erfolge ist lang: 1995 war sie Europameisterin, im selben Jahr verpaßte das DFB-Team den WM-Titel erst durch ein 0:2 gegen Norwegen im Finale, an den Olympischen Spielen in Atlanta 1996 hat sie teilgenommen, und mit der ehemaligen Übermannschaft des hiesigen Frauenfußballs hat sie Titel und Pokale noch und nöcher eingespielt. Zweimal holte sie mit FSV Frankfurt die deutsche Meisterschaft, und im Pokal-Endspiel in Berlin stand sie siebenmal – dabei fünfmal im Tor der Siegerinnen.

Hier lag dann auch gleich das erste Umstellungsproblem: „Ich bin in Blau-Schwarz aufgewachsen, es war ganz schön schwierig, sich an die neuen Farben zu gewöhnen.“ Doch nach einem Vierteljahr in der rot-schwarz geschmückten Geschäftsstelle des Bundesliga-Aufsteigers ist auch dies geschafft.

In der Männer-Domäne Fußball-Bundesliga ist eine Frau selten an einer Schaltstelle. Die eigene erfolgreiche Karriere schütze sie vor vielen platten Vorbehalten Frauen gegenüber, auf der anderen Seite sagt sie: „Ich mußte in meiner Karriere schon vielen Vorurteilen entgegentreten.“ Als Vorzeigefrau will sie sich aber nicht instrumentalisieren lassen. „Nicht das Mann- Frau-Ding reizt mich eigentlich, sondern die Herausforderung Fußball-Bundesliga.“

Und hier will sie einiges bewegen. „Das Image von der launischen Diva ist den Menschen nur schwer auszutreiben“, mußte sie in Frankfurt schon feststellen. Um Marketing und Öffentlichkeitsarbeit soll sie sich bei der Eintracht kümmern. Ihr Kontakt zu Trainer Horst Ehrmantraut und den Spielern sei gut, erzählt sie, auch wenn die Kicker manchmal etwas stöhnen, wenn Katja Kraus ihnen schon wieder eine Autogrammstunde verordnet. „Besonders Chen Yang bereitet mir große Schwierigkeiten“, scherzt sie. Bei den vielen Interviewwünschen, die sich auf den ersten chinesischen Fußballprofi in der Bundesliga aus Nah- und Fernost richten, „muß ich oft meine ganzen Sprachkenntnisse aufbieten“ – trotz Politologie- und Germanistikstudium sind die in puncto Chinesisch doch begrenzt.

Was den Umgang mit den Medien angeht, muß sie eingestehen: „Da bin ich erst zu naiv rangegangen.“ Wie einzelne Schreiberlinge sich die Wahrheit selbst zurechtbiegen, verwunderte sie zunächst. „Ich habe am Anfang noch an so etwas wie journalistische Ethik geglaubt, doch davon bin ich schnell losgekommen.“ Endgültig wohl, als sie sich bei einem Interview erkundigte, wann die Ausgabe mit dem Gespräch denn erscheinen würde und ihr Gegenüber aus der Nachfrage den anstehenden Rauswurf von Trainer Ehrmantraut konstruierte.

Vom Fachsimpeln – „Ich glaube nicht, daß die Eintracht von der Substanz her zu den schlechtesten Mannschaften der Liga gehört“ – geht's dann zum Fußball-Philosophieren, „Fußball ist eine Kopfsache“, um schließlich bei philosophierenden Fußballern zu landen: „Marco Bode ist mein Lieblings- Fußballspieler – der spielt einen gepflegten Ball.“ Wenig leiden kann sie hingegen den einstigen Eintracht-Grätscher Werner Lorant. „Wegen seines autoritären Führungsstils.“ Horst Ehrmantraut ist da schon aus anderem Holz geschnitzt. „Bei dem gibt es keine muskulären Verletzungen. Er hat eine perfekte Trainingssteuerung“, verrät sie. Ganz durchschauen kann jedoch auch sie den kautzigen Coach am Riederwald nicht: „Er ist einfach anders als die anderen.“ Was durchaus auch auf sie und ihren Job als Pressesprecherin zutrifft.

Beim FSV Frankfurt hat sie den Absprung im richtigen Augenblick geschafft – mit dem Meistertitel. „Ich brauche immer eine neue Form von Inspiration“, sagt sie, ohne daß zwangsläufig die Befürchtung aufkommt, hier könnte jemand seine einstudierten Phrasen herunterspulen. „Der Frauen- Fußball war nach 15 Jahren für mich einfach nur noch dröge.“ Auch beim Tabellen-Drittletzten will sie nicht bis an ihr Lebensende bleiben – aber wahrscheinlich schon eine Weile: „Wenn die Eintracht Meister wird, höre ich hier auf und kriege Kinder.“