Katholiken fordern Umverteilung

■ Rot-Grün ist den Katholischen Arbeitnehmern zu lasch: Sie wollen per Vermögensabgabe über eine Million Jobs schaffen

Bonn (taz) – Der gerade entlassene Arbeitsminister Norbert Blüm erklärt die Strukturprobleme der CDU stets mit einer Frage: „Wer ist denn heute noch in der KAB?“ Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung, früher fester Bestandteil des christdemokratischen Milieus, leidet unter Mitglieder- und Einflußschwund. Dennoch präsentierte der Verband gestern einen Vorschlag für eine Vermögensabgabe, der kühnste SPD-Umverteilungsträume in den Schatten stellt: „Lastenausgleich durch Vermögensabgabe“ nennt der Aachener Diözesanverband der KAB sein Konzept, das in Zusammenarbeit mit dem Institut für Volkswirtschaft der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen entstanden ist. Die Idee: Sehr hohes privates Geld- und Grundvermögen soll mit einer Extra-Abgabe belastet werden. Mit dem Geld sollen 1,3 Millionen Jobs geschaffen werden. Nur gewerbliches Vermögen wird von der neuen Abgabe ausgeschlossen.

Der „Lastenausgleich“ soll nur ab einem Gesamtvermögen von einer Million Mark greifen. „Es wären nur die wirklich Reichen betroffen“, betont Agnes Schnieders von der KAB: „Wer ein Einfamilienhaus üblicher Größe besitzt, muß nicht fürchten, deswegen zusätzlich zur Kasse gebeten zu werden.“ Dafür sorgen hohe Freibeträge, die das KAB-Konzept vorsieht: 500.000 Mark pro Erwachsener und 100.000 Mark für jedes Kind. Wer mehr hat, soll 2 Prozent seines Vermögens jährlich zahlen. Gesamtvermögen über 10 Millionen Mark sollen sogar mit 4 Prozent, Vermögen über 100 Millionen mit 6 Prozent Abgaben belastet werden. Jährlich 40 Milliarden Mark würden nach Berechnungen der Aachener Hochschule so zusammenkommen. „Unser Modell ist keine Steuer“, betont Agnes Schnieders, „sondern eine Abgabe.“ Anders als bei einer Steuer würden die Einnahmen nicht in den allgemeinen Haushalt fließen, sondern sollen direkt für einen öffentlich geförderten Arbeitsmarkt eingesetzt werden.

Dieser Vorschlag unter dem Motto „Reichtum teilen“ zeigt, wie groß der Unmut im katholischen Verbandsmilieu über die als zunehmend kälter empfundene soziale Situation der deutschen Gesellschaft mittlerweile ist. Bei einer Umfrage in der Mitgliederschaft der KAB und deren Umfeld gaben 81 Prozent der Befragten an, „Umverteilung von Einkommen und Vermögen“ müsse ein Ziel der Politik sein. Robin Alexander