Transparenz – nein danke

■ Egal, wen der FC St. Pauli heute als siebtes Mitglied in seinen Aufsichstrat wählt: Der neue Mann wird es nicht leicht haben, sich in dem Gremium gegen den Vorsitzenden Hans Apel durchzusetzen

Wenn heute abend die Mitglieder des FC St. Pauli in der Handwerkskammer zu ihrer Jahreshauptversammlung zusammenkommen, haben sie echte demokratische Pflichten: Sie können ein neues Mitglied in ihren siebenköpfigen Aufsichtsrat wählen. Während früher nicht nur beim Millerntorclub die Zusammenstellung des Kontrollgremiums eng mit dem Schicksal des Präsidiums verknüpft war (Motto: „Wenn ihr nicht wählt, wen ich will, dann trete ich zurück“), mischte sich Präsident Heinz Weisener dieses Mal nicht ein.

Die Wahl ist notwendig geworden, weil ein Mitglied des Aufsichtsrates, Wolfgang Helbing, sich zum Vizepräsidenten des Vereins küren lassen will und somit seinen Rücktritt bekanntgab – sehr zum Unmut des Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Apel. Der ehemalige Bundes-Finanzminister hätte es lieber gesehen, wenn man die Legislaturperiode mit sechs Mitgliedern statt mit einem neuen siebten über die Runden gebracht hätte. Denn alle vier Kandidaten wollen die Kommunikation innerhalb des Vereins stärken, was der Politik Apels widerspräche. Er verlangt stets, daß Beschlüsse von Aufsichtsrat und Präsidium vertraulich behandelt werden. Entsprechend wurde im vorigen Jahr über die Arbeit des Gremiums so gut wie nichts bekannt.

„Vier Voraussetzungen muß ein Aufsichtsrat mitbringen“, erklärte am Mittwoch abend Tonny Burggraaf, einer der Kandidaten. Er müsse sportlich kompetent sein, über Kontakte zur Wirtschaft verfügen, die Kommunikation im Verein ausbauen und zwischen den einzelnen Lagern im Club vermitteln. Der 39jährige selbständige Werber sieht sich hier seinen Konkurrenten gegenüber im Vorteil. Seine langjährige Tätigkeit bei ran, der Sportshow von SAT. 1, und seine jetzige Tätigkeit prädestinierten ihn für die Aufgabe. „Ich sehe mich als Vermittler und stehe für transparente Strukturen.“

Holger Scharf, Kandidat der „Arbeitsgemeinschaft interessierter Mitglieder“ (AgiM) im Verein, stößt ins gleiche Horn: „Nicht nur die sportliche, sondern auch die finanzielle Situation macht es erforderlich, daß wir uns um Lösungen bemühen.“ Dabei müsse man vor allem auf die Basis hören. Scharf, der bereits 1997 kandidierte, sieht seine Chancen in diesem Jahr verbessert: „Ich freue mich, daß es inzwischen Zustimmung zur AgiM von Seiten gibt, zu denen wir früher ein Katz- und Maus-Verhältnis hatten.“

Eine andere Vorgeschichte bringt Guntram Uhlig mit. „Ich bin seit 1989 Kassenprüfer in diesem Verein. In der Zeit habe ich einiges erlebt.“ Seine Kenntnisse der finanziellen Verhältnisse seien ein unschätzbarer Vorteil im Aufsichtsrat. „Ich weiß, was da gespielt wird. Und ich glaube, daß jedes Mitglied über den Verein bescheid wissen sollte.“

Als Außenseiter geht Hans-Wolfgang Ritter ins Rennen. „Ich sehe mich als Aufsichtsrat nicht unbedingt in der Kontrollfunktion, sondern möchte beratend und unterstützend für den Vorstand tätig sein“, erklärte der im Verein kaum bekannte Unternehmensberater aus Ahrensburg.

Generell ist fraglich, wie groß der Einfluß eines einzelnen Mitglieds auf den Aufsichtsrat sein wird. Sich gegen einen starken Vorsitzenden wie Apel durchzusetzen, dürfte allen vier Kandidaten schwerfallen. Eberhard Spohd