Rechte Parolen auf den Rängen

Der zehnjährige Junge schaut zweimal hin, dann versucht er es selbst: „Asylant! Asylant!“ Er schreit seine Wut ins Oval des Olympiastadions. Hertha liegt 3:1 zurück, und schuld haben das „Schiri- Arschloch“ und die „Asylanten“ von Tennis Borussia Berlin. Die sechsköpfige Gruppe an der Brüstung, Männer Mitte Zwanzig, macht es vor. Schon bei der Mannschaftsvorstellung haben sie ausländischen TeBe- Spielern „Jude“ hinterhergebrüllt, „schwule Sau“ und „Kanacke“.

Nach dem Spiel sammeln sich an den Stadiontoren etwa 100 kurzgeschorene Jungs, greifen einzelne TeBe-Fans an. „Hier marschiert der nationale Widerstand“, skandieren sie die Neonazi-Parole, die derzeit jeden NPD- Aufmarsch begleitet. Auch Sven, Patrice, Morten und Marlon wollen sich nicht mit der Hertha-Niederlage abfinden. „Der Schiedsrichter pfiff wie ein Jude“, sagt Patrice. „Worauf sind Juden aus?“ fragt er und schiebt die Antwort nach: „Auf Geld! Und TeBe hat Geld.“ Ob Hertha- Fans rechts seien? Patrice fragt seine Freunde. „Wer von uns ist rechts?“ „Keiner“, antwortet er selbst. „National gesinnt“, sagt sein Freund, „deutsch eben.“

Das Problem ist nicht neu: Vor dem Berliner Olympiastadion verteilen NPD und DVU Flugblätter. Ihre Parolen haben auf den Rängen Einzug gehalten. Widerstand ist gefährlich, weiß der 21jährige Hertha-Fan Jan: „Du mußt aufpassen, daß du keine vor den Kopf kriegst.“

„Wir sind uns der Problematik bewußt“, sagt Herthas Pressesprecher Hans Georg Felder. „In Zukunft werden wir massiver gegen rechtsradikale Fans einschreiten.“ Der Verein diskutiere ein Stadionverbot für Rechtsradikale.

Die Sozialarbeiter des Fanprojekts versuchen das Problem mit klassischen Methoden zu bewältigen. „Wir bieten Hilfe bei Alltagsproblemen in Beruf, Familie und Beziehung an“, sagt Axel Pannicke, „die Gewaltbereitschaft ist deutlich zurückgegangen.“ Aber eine rechte Grundtendenz bestehe bei einigen Hertha-Fans. ms