Das Portrait
: Der Nestbeschmutzer

■ Dieter Schenk

Schily, der neue Bundesinnenminister soll über Dieter Schenk gesagt haben, er sei froh, daß einer wie er beim Bundeskriminalamt (BKA) sei. Im BKA selbst sahen das etliche anders. Bei vielen gilt er dort bis heute als „Nestbeschmutzer“. Schuld daran ist sein Roman „BKA – Die Reise nach Beirut (1990)“ und seine Biographie des früheren BKA-Chefs Horst Herold, „Der Chef und das BKA“ (1998). Hinzu kamen weitere kritische Artikel zur Politik der Inneren Sicherheit im allgemeinen und zur Rolle des Bundeskriminalamtes im besonderen.

So etwas verzeiht die Polizeifamilie selten. Ob Schily sein Lob heute noch aufrechterhielte, ist ebenfalls fraglich. Denn Schenk ist ein vehementer Gegner des Großen Lauschangriffs, den Schily entscheidend mit auf den Weg gebracht hat. Unbequem ist Dieter Schenk (61) schon lange. Seine Karrierestufen – zuletzt Kriminaldirektor im BKA-Interpolverbindungsbüro und Sicherheitsberater des Auswärtigen Amtes für Sicherheit im diplomatischen Dienst – lassen dies nicht unbedingt vermuten. Seine Mitgliedschaft bei den „Kritischen Polizisten“, im Arbeitskreis Polizei von amnesty international und bei „Business Crime Control“ schon eher. 1989 schied Schenk aus dem Polizeidienst aus, die Differenzen mit dem BKA waren inzwischen unüberbrückbar geworden. Seither arbeitet er als freier Autor. Daß er heute das Bundesverdienstkreuz erhält, liegt indes nicht an seiner polizeikritischen Haltung. Vielmehr geht es auf sein Engagement bei der Aufarbeitung nationalsozialistischer Verbrechen in Polen zurück. Für sein Buch „Die Post von Danzig (1995)“, in dem er den Justizmord an 38 polnischen Postbeamten aufarbeitete, erhielt er im letzten Jahr die 1997 erstmalig verliehene „St.- Adalbertus-Medaille“ der Stadt Danzig. Seine Arbeit bewirkte, daß die in Polen als Helden Verehrten auch vom Lübecker Landgericht posthum freigesprochen und die gegen sie verhängten Todesurteile aufgehoben wurden. Auf Vorschlag von Hessens Ministerpräsident Hans Eichel (SPD) erhält er nun also das Bundesverdienstkreuz. Daß die Adalbertus-Medaille für ihn wichtiger ist, bedarf keiner Frage, denn über die Annahme des deutschen Ordens hat er lange mit sich gerungen. Daß er ihn annimmt, sieht er als Signal an Polen und andere Länder, die unter dem NS-Regime gelitten haben. Otto Diederichs