Fischers Freund wird Planungschef

■ Automechaniker, Steward, Sponti, Herausgeber, Regierungssprecher und jetzt Planungschef im AA: Georg Dick

Frankfurt/Main (taz) – Schwarze Lederjacke, die blonden, spärlichen Locken zerrauft, schwarzer Tabak, noch schwärzerer Espresso und dazu einen Grappa. Den bestellte Georg Dick mit leicht rheinischem Zungenschlag gegen Mittag zum Frühstück beim Italiener. Von Diplomatie noch keine Spur. Bei Veranstaltungen der Frankfurter Spontis frönte er seinem angeborenen Hang zum Zwischenruf mit gefürchtetem Mutterwitz.

Ein Vordenker in der Frankfurter Spontiszene war er nicht, kein Intellektueller der ersten Stunden. Statt dessen kokettierte er bei so vielen belesen-theoretisierenden Freunden in den 70er Jahren gerne mit seiner praktischen Erfahrung in der Arbeitswelt als Schiffssteward in der christlichen Seefahrt. Nach einer Automechanikerlehre hatte er bei der norwegischen Handelsmarine angeheuert. Vorbild des rauhbeinigen Romantikers war damals der englische Seefahrer und Schriftsteller Joseph Conrad mit seinen abenteuerlichen, unter der Oberfläche aber auch beklemmend pessimistischen Romanen. Der heute 51jährige Sohn des Bildhauers Heinrich-Clemens Dick kehrte 1968 in seine Heimatstadt Aachen zurück. Das brave Kind, als das er dem Vater für einen Brunnen Modell gestanden hatte, war er längst nicht mehr. Dick wurde zum Bürgerschreck, der die Revolte der Großstädte nicht marxistisch-leninistisch, sondern anarchisch auslebte.

Bei der bundesweit ersten Roten-Punkt-Aktion gegen Fahrpreiserhöhungen Anfang der 70er Jahre waren auch er und seine Freunde dabei. Restkonsequenz dieses frühen Ausflugs in die damals noch keinesfalls modische Ökologie blieb, daß er bis heute das Autofahren verweigert. In Frankfurt wurde Dick Mitbegründer des von Daniel Cohn-Bendit herausgegebenen Stadtmagazins Pflasterstrand. Damit war er, als die Grünen in den Hessischen Landtag einzogen, für den Journalismus prädestiniert und wurde 1983 Pressesprecher der Landtagsfraktion. 1985 wechselte er als Öffentlichkeitsreferent in das Umweltministerium von Joschka Fischer und wurde 1991 stellvertretender Regierungssprecher in der Hessischen Staatskanzlei. Intern galt Dick bald als Troubleshooter, der in verfahrenen Situationen zwischen SPD und Grünen und bei den zahlreichen Streitereien in der eigenen Partei vermittelte. Öffentlich blieb er jedoch meist im Hintergrund. Das wird er als neuer Leiter des Planungsstabes im Auswärtigen Amt und Begleiter von Außenminister Joschka Fischer wohl bleiben können. Heide Platen