■ Mit 'nem Schuß Wein: Die Brüder Cornelius und Fabian Lange haben das beste Kochbuch des Jahres geschrieben
: „Mit dem Sauerkraut hatten wir unser Erweckungserlebnis“

Das Kochbuch der Gebrüder Lange – mit Weinnotizen von Stuart Pigott – ist aufregend. Auch wer manche Verrücktheiten der Autoren nicht teilt und sich weigert, ein Coq au vin in einer edelsüßen Huxelrebe-Beerenauslese zu baden, wird begeistert sein. Das Buch ist schön illustriert und enthält Rezepte, die funktionieren, dazu viel Küchen- und Weinkunde von experimentierfreudigen Jungs.

taz: Woher kommt denn Ihre Chuzpe, die schönsten Weine in den Kochtopf zu schütten und in Küchendampf aufzulösen?

Cornelius Lange: Wir wollten das schwarze Loch schließen zwischen Wein und Essen. In beiden Disziplinen gibt es dicke Wälzer mit Empfehlungen. Und die kulinarischen Synergien nutzen, denen wir in unseren Experimenten begegnet sind.

Wer von Ihnen beiden hat mit dem Wahnsinn angefangen?

Wir haben uns nicht gleich an teure Flaschen gewagt. Das ist wie beim Auto. Man fängt beim gebrauchten VW-Käfer an.

Gab es kein erstes Mal, als Sie noch Bammel hatten? Etwa im Sinne von: Schade um das schöne Fläschchen.

In Ihren Fragen schwingt ein leichter Vorwurf mit. So als dürfe man das nicht tun, als müßte man mit dem Wein eigentlich etwas Besseres machen.

Ihn trinken zum Beispiel.

Wir trinken ihn ja auch. Wir haben den doppelten Nutzen. Schon vor dem ersten Schluck erleben wir den Duft in der Küche. Und bei Tisch potenziert sich der Wiedererkennungswert. Unser Schlüsselerlebnis, das sogenannte erste Mal, war ein Blutwurstessen, zu dem ein hochfeiner edelsüßer Wein gereicht wurde – die Vermählung des Profanen mit dem Hochedlen. Das andere Erweckungserlebnis war Sauerkraut. Wenn man dem ordentlich Wein mit auf die Reise gibt, wird es interessant. Der Wein muß nicht mal teuer sein.

Auf das Verkochen edelsüßer Weine steht eine Mindeststrafe von zwanzig Schlägen mit dem Wellholz.

Zucker ist nun mal ein wichtiger Geschmacksträger. Und keine Frucht hat soviel Zucker wie die Weintraube. Der edelsüße Wein ermöglicht ganz andere Aromatransfers. Schlagen Sie doch mal eine Sabayon mit einer natürlich restsüßen Auslese auf...

...selbst in den besten Restaurants wird nur mit einfachen Weinen gekocht. Kochwein steht für: Kommt nicht so drauf an.

Die Gebräuche der Gastronomie interessieren uns wenig. Wir experimentieren, ziehen den Korken raus und lachen auch mal über den eigenen Wahnsinn.

Die „Decanter“-Redaktion hat drei Gerichte mit jeweils drei Weinen kochen lassen. Ergebnis: Nur in einem Fall brachte die Topware das beste Ergebnis. Beim Coq au vin machte der einfachste Wein die beste Sauce.

Wir halten nichts von Blindverkostungen, weil dabei viele Sinne ausgeschaltet werden, die ganze Vorfreude, die unsere Wahrnehmung schärft.

Wenn mit Knoblauch, Curry, Zwiebeln oder Lorbeer rustikal gewürzt wird, gehen die Aromen einer guten Flasche verloren.

Natürlich ist es Unsinn, Champagner ins Sauerkraut zu schütten. Aber wenn Sie eine einfache Beurre rouge machen, mit nichts als Schalotten, Butter, Salz und Wein, dann merken Sie den guten Wein. Aber wir wollten kein elitäres Kochbuch schreiben. Deshalb gibt es in unserem Buch auch ein Kapitel über Supermarktweine. Interview: Manfred Kriener

Cornelius und Fabian Lange: Mit einem Schuß Wein, Hallwag Verlag, Stuttgart 1997, 232 S., 49,80 Mark