Weltraumreisen mit LEGO

■ 1.-8. 11.: 27 Kinder- und Jugendfilme, Diskussionen & Party im Kino 46

Welche Fragen stellen Kinder einer leibhaftigen FilmregisseurIn? Zum Beispiel: „Wie kann ich auch mal ein großer, schöner und berühmter Filmstar werden?“ (Diese Frage ist von Ohrenzeugen verbürgt.) Wo stellen Kinder solche dusseligen Fragen? Zum Beispiel auf Norddeutschlands größtem Kinder- und Jugendfilmfestival im Kino 46. Dort gibt es nämlich nicht nur eine Woche lang 27 Filme zu besichtigen, sondern auch ausgewachsene Regisseure. Genauer gesagt: deren drei. An diesem Sonntag um 16 Uhr zeigt Curt Linda seine „Kleine Zauberflöte“ und wird sich wohl anschließend den Mund fusselig reden müssen beim Erläutern der Zeichentrickfilmtechnik. – Was, 24 Bilder in der Sekunde gemalt ...? – Ja, 24 Bilder ... Am Montag um 15 Uhr nimmt Regisseurin Christina Schindler den Faden auf, wo Linda ihn fallen ließ, und erzählt von ihren zeichengetricksten „Rinnsteinpiraten“. Das sind zwergenhafte Schiffer, denen jede entgegenschwimmende Coladose groß und gefährlich wie ein Eisberg erscheint. Am Donnerstag ab 18 Uhr erzählt Regisseur Rene Heisig von den Dreharbeiten mit Peter Lohmeyer. Der notorische Dreitagebartträger spielt nämlich in „Pauls Reise“ einen Truckfahrer, der sich mit seinem leukämiekranken Sohn auf große Fahrt nach Spanien begibt (ab 10 J.).

So wie „Pauls Reise“ sind auch viele andere Filme des Festivals nicht nur für die Achselhöhlengroßen interessant, sondern für die Einen-Kopf-höher. Das mußten die Veranstalter letztes Jahr leidvoll erfahren. Bei dem Klassiker der Augsburger Puppenkiste „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ stahlen die Großen den Kleinen gnadenlos die Sicht: Ausverkauft. Erwachsene sind eben komische Menschen, mit seltsamen Vorlieben. Deshalb düst Jim Knopf dieses Jahr auch zweimal spätabends durch Lummerland. (6.11.+7.11. 22.30 h, 8.11. 11 h alle vier Teile).

Daneben gibt es aber auch noch richtig-voll-echt anspruchsvolle Filme. Hier sechs Sonderempfehlungen der Veranstalter Jens Schellhass und Alfred Tews: „Im Gully“ erzählt nicht nur von der Bemühung eines Jungen und eines Rentners 500 Franc aus einem Gully zu angeln, sondern von Schwierigkeiten und Freuden, die entstehen, wenn zwei Generationen aufeinanderknallen, die sich fremd sind wie Alienmonster (2.11. 18 h).

„Der Taschendieb“ thematisiert Brutalität unter Jugendlichen: Teenierocker erpressen einen Bub zum Diebstahl (ab 10 J.). Anschließend gibt es große Diskussion mit AbgesandtInnen von Jugendbehörde und Polizei (3.11. ab 10 h). „Belma“ zeigt, wie der Krieg in Jugoslawien bis nach Deutschland greift. Serbische und bosnische Jugendliche schwanken zwischen Haß, Liebe und Toleranz (ab 12 J.). Anschließend diskutieren und informieren Leute von Asylinitiativen (3.11. ab 20.30 h). Auch der Film „Kannst du pfeifen, Johanna?“ schwärmt (wie schon „Im Gully“) von generationenübergreifenden Begegnungen: Knirps Berra sucht sich selbst einen tollen, schrägen Opa (ab 6J.) Anschließend halten Senioren des „Brodelpott“ Kaffee, Kuchen und jede Menge Lebenserfahrung für die Bonsai-Cineasten bereit. „Der Läufer“ erzählt von einem iranischen Jungen, der sich mal schlecht, aber durchaus auch recht allein durchs Leben schlägt (ab 12J., 5.11. 20.30h). „Willkommen im Tollhaus“ ist eine poetische Variation der klassischen Außenseiterstory: Mädchen mit dicker Brille haben es eben schwer (ab 12J., 7.11. 20.30h).

Das Festival gönnt den Jugendlichen aber nicht nur faules Potatochip-Dasein. Sie dürfen/müssen/können auch selbermachen. Die Kleineren werden sich wohl eher für Filmarbeit, die größeren für Zeitungsarbeit engagieren. Mit 3000 Mark teuren LEGO–Bergen werden die Marslandschaften und Orionmonster für einen 15minütigen Animationsfilm zurechtgesteckt. Am Ende der Mammutveranstaltung soll es eine echte Zeitung geben.

Da Dänemark, Schweden und Norwegen längst die osteuropäischen Länder abgelöst haben in der Jugendfilm-Oberliga gibt es diemal nur einen polnischen Film. Obwohl der Jugendfilm fianziell darbt, auf Co-Produktionen mit dem TV angewiesen ist und der einzige darauf spezialisierte deutsche Verleih „Wild Utopia“ Konkurs ging, können die Veranstalter locker mit 2.000 Gästen und entsprechendem Trubel rechnen. B.Kern

Am besten vorher anrufen unter Tel.: 3876731, Tel.: denn einige Vormittagsvorstellungen sind schon ausverkauft. Eintritt: 3/6 Mark. Filmfestparty, Schlachthof: 6.11. ab 18h mit Kurzfilmen und Livemusik