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Diepgen und Islamisten wollen Religionsunterricht

■ Islamische Föderation klagt auf Gleichberechtigung, CDU will Religion als Pflichtfach. SPD, Grüne und GEW lehnen Änderung des Status quo ab, befürworten aber Islamunterricht

Der Status quo des Berliner Religionsunterrichts gerät von zwei Seiten unter Beschuß. Am Wochenende forderte der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) erneut, alle SchülerInnen zum Besuch des Religions- oder Ethikunterrichts zu verpflichten. Andererseits verhandelt das Oberverwaltungsgericht am Mittwoch die Klage der Islamischen Föderation, die ebenso wie die beiden christlichen Großkirchen an Berlins Schulen Religionsunterricht erteilen möchte.

Diepgen sagte anläßlich eines Festgottesdienstes „50 Jahre evangelische Schule in Berlin“, das Modell des obligatorischen Religionsunterrichts habe sich in fast allen Bundesländern bewährt. Berlin könne sich keine Sonderrolle leisten. Darin weiß sich Diepgen einig mit der evangelischen wie der katholischen Kirche, die in den bereits ausgehandelten Staatsvertrag mit dem Land gerne eine Neuregelung des Religionsunterrichts aufnehmen würden. Auch manche Bonner Beamten möchten ihre Kinder nach dem Regierungsumzug nicht in gottlose Berliner Schulen schicken.

Berlin ist neben Bremen und Brandenburg das einzige Bundesland, in dem Religion abweichend von Artikel 7 des Grundgesetzes kein Pflichtfach ist. Die „Bremer Klausel“ erlaubt solche Ausnahmen in jenen Ländern, die bereits vor 1949 keinen Religionszwang kannten. Ob sie auch für Brandenburg gilt, überprüft derzeit das Bundesverfassungsgericht. An den märkischen Schulen gibt es statt des Religionsunterrichts das Pflichtfach Lebensgestaltung- Ethik-Religion (LER). Vor einer Entscheidung aus Karlsruhe, mit der im nächsten Jahr gerechnet wird, hat Schulsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) jede Änderung des Status quo bislang abgelehnt. Auch die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus hat das CDU-Ansinnen bereits zurückgewiesen. Derzeit nehmen von den knapp 400.000 Berliner SchülerInnen etwa 150.000 freiwillig am Unterricht in Religion oder Lebenskunde teil. Die Kosten dafür übernimmt zu 90 Prozent das Land. „Es gibt keinen Grund, von diesem fortschrittlichen Modell abzuweichen“, erklärte gestern der bündnisgrüne Abgeordnete Dietmar Volk.

„Fernziel“ sei es aber, auch den freiwilligen Religionsunterricht an staatlichen Schulen durch einen religionskundlichen Unterricht nach dem Vorbild des brandenburgischen LER zu ersetzen. Auch GEW-Sprecherin Erdmute Safranski sagte, die Schule solle „nicht Glauben lehren, sondern Bildung vermitteln“.

Solange es Religionsunterricht an staatlichen Schulen gebe, sei das Drängen anderer Religionsgemeinschaften auf Gleichberechtigung „verständlich“, sagte Volk. Die Islamische Föderation, die der islamistischen Organisation Milli Görüs nahestehen soll, sei aber nicht der geeignete Träger für einen islamischen Religionsunterricht.

„Einen geeigneten Träger haben wir noch nicht“, glaubt auch Öczan Mutlu, bündnisgrüner Bezirksverordneter in Kreuzberg. Er plädierte für die Gründung einer neuen Organisation, die alle Richtungen des Islam beinhalten und „nicht nur türkisch dominiert“ sein solle. Das werde aber noch „einige Jahre dauern“. Ralph Bollmann

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