Mißtrauen gegenüber doppelter Staatsbürgerschaft

■ Präsident des Zentralkomitees deutscher Katholiken wird wegen seiner Äußerungen kritisiert

Berlin (taz) – „Ich bin baff.“ Roberto Alborino, Leiter des Referats ausländische Arbeitnehmer bei der Caritas, kann den Präsidenten des Zentralkommitees deutscher Katholiken (ZdK), Hans- Joachim Meyer, nicht verstehen.

Meyer hatte kürzlich seine Skepsis gegenüber dem rot-grünen Beschluß kundgetan, die doppelte Staatsbürgerschaft einzuführen. Diese dürfe nur eine Übergangslösung, nie jedoch eine dauerhafter Zustand sein. Jeder solle sich einmal entscheiden, welchem Staat er sich zugehörig fühle, sagte Meyer gegenüber der taz. Bisher aber herrschte in der Frage der doppelten Staatsbürgerschaft unter den Katholiken immer Konsens. Nach Meyers Äußerung reagierten viele kirchliche Organisationen mit Unverständnis und Enttäuschung.

Um so mehr überraschen die Vorbehalte des 61jährigen, weil das ZdK die doppelte Staatsbürgerschaft in der Vergangenheit mehrfach schriftlich verlangt hat. In dem 1994 verfaßten Dokument „Zur Einbürgerung von in Deutschland lebenden Ausländern“ heißt es: „Wir treten dafür ein, daß alle Kinder von Ausländern, wenn ein Elternteil bereits hier geboren ist oder einen sicheren Aufenthaltsstatus hat, mit ihrer Geburt zusätzlich die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. [...] Dringlich erscheint uns auch die Liberalisierung gesetzlicher Bestimmungen zugunsten einer doppelten Staatsangehörigkeit für ausländische Erwachsene.“

Ratlos ist Theodor Bolzenius, der Sprecher des ZdK: „Wir haben die doppelte Staatsbürgerschaft immer befürwortet. Da gab es nie eine Diskussion.“

Der parteilose, aber der CDU- zugeneigte Meyer genießt im Zentralkommitee großen Respekt. Mit 132 zu 26 Stimmen wurde er 1997 zum Präsidenten des ZdK gewählt. Auch als Wissenschaftsminister in der sächsischen Staatskanzlei hat er einen guten Ruf. In beiden Ämtern gilt er nicht als Eiferer, sondern als ein Mann des Dialogs. Den wolle er mit der rot-grünen Bundesregierung auch offen führen, sagt er.

Zwischen Katholiken und Grünen gibt es erst seit etwa einem Jahr eine Annäherung. In der Vergangenheit kam es immer wieder bei Themen wie Abtreibung, Religionsunterricht oder Kirchensteuern zu erheblichen Spannungen. Nicht zuletzt Meyers vielgepriesene liberale Haltung konnten sie glätten. Annäherung bei gleichzeitigem Traditionsbewußtsein – so lautet Meyers Konzept. Er will in allen wichtigen gesellschaftlichen Fragen an den Positionen der katholischen Kirche festhalten. Darunter summiert er offensichtlich die Vorbehalte gegen die Zulassung einer doppelten Staatsbürgerschaft.

Das überrascht auch Roberto Alborino von der Caritas: „Wir haben zusammen mit dem ZdK immer die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft gefordert“, sagt der Referatsleiter. Die alte Regierung sei aber gerade im Bereich der Migration sehr festgefahren gewesen. Deshalb sei man froh über die Öffnung durch Rot-Grün, so Alborino. Tina Hüttl