Keine Inspektionen bis zum Ende des Embargos

■ Die nach Iraks Einmarsch in Kuwait verhängten UN-Sanktionen treffen die Bevölkerung

Berlin (taz) – „Wir werden bei dieser Entscheidung bleiben, bis die Sanktionen aufgehoben sind“, kündigte Iraks Vizepremier Taha Jassin Ramadan gestern in Bagdad an. Solange das nach Iraks Einmarsch in Kuwait im August 1990 verhängte UN-Embargo nicht aufgehoben ist, sollen keine UN-Inspekteure mehr im Irak nach Waffen suchen. Diese waghalsige Reaktion – immerhin riskieren die Iraker einen erneuten Angriff der USA – zeigt, wie sehr die Sanktionen den Irak schmerzen. Allerdings schadet das Embargo weniger der irakischen Führung, als der Bevölkerung – vor allem Kindern. Jeden Monat würden im Irak 6.000 Minderjährige an den Folgen der UN-Sanktionen sterben, erklärte der ehemalige UN-Chef für humanitäre Hilfsprogramme im Irak, Denis Halliday, Anfang Oktober und kündigte aus Protest seinen Job. Die von ihm genannte Zahl stammt von der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Halliday war zuletzt Koordinator des „Oil-for-Food“-Programms. Seit Juni dürfen die Iraker laut Beschluß des UN-Sicherheitsrates innerhalb von sechs Monaten Erdöl im Wert von 5,2 Milliarden US- Dollar verkaufen und dafür Lebensmittel, Medikamente und Ersatzeile für die Ölindustrie erwerben. Doch noch sei kein einziges Ersatzteil im Irak eingetroffen, klagte Außenminister Muhammad Said as-Sahhaf vergangene Woche. Von 197 dem UN-Sanktionskomitee vorgelegten Kaufverträgen seien bisher nur 55 bewilligt worden. Die USA und Großbritannien hätten 61 Verträge ausgesetzt. Beide fürchten, daß irakische Militärs die gelieferten Teile im Rüstungsbereich einsetzen. Weil die irakischen Ölanlangen deshalb weiter vor sich hin rosten und der Ölpreis auf historischem Tiefststand ist, wird Irak in diesem Halbjahr weit weniger Geld einnehmen, als die zugestandenen 5,2 Milliarden US-Dollar und damit weniger Lebensmittel und Medikamente kaufen können, als benötigt.

Doch einiges spricht dafür, daß die hohe Kindersterblichkeit nicht nur den Sanktionen geschuldet ist. So behauptet der oppositionelle Irakische Nationalkongreß, Saddam Hussein habe Ärzten in Kinderkrankenhäusern den Befehl gegeben, „so viele Kinderleichen wie möglich zu produzieren“ – zu Propagandazwecken. Thomas Dreger