PDS: Mit 94,34 Prozent an die Macht

■ Mit großer Mehrheit stimmen die Parteitage von SPD und PDS für eine rot-rote Koalition in Schwerin. PDS-Chef Lothar Bisky hält nun auch eine Regierungsbeteiligung im Bund für möglich. Allerdings erst in zehn bis zwölf Jahren

Parchim (taz) – Der Alptraum des scheidenden CDU-Generalsekretärs Peter Hintze ist wahr geworden: SPD und PDS in Mecklenburg-Vorpommern haben sich die Hände gereicht. Die Sonderparteitage von Sozialdemokraten und Sozialisten stimmten am Samstag in Güstrow und Parchim für die Koalition, die der designierte SPD-Ministerpräsident Harald Ringstorff und PDS-Landeschef Helmut Holter vorige Woche ausgehandelt hatten. Damit sei der Weg in die „europäische Normalität“ frei, kommentierte PDS- Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi. Erstmals nach dem Ende der DDR wird in Deutschland eine sozialistische Partei an einer Landesregierung beteiligt.

Trotz „Bauchschmerzen“ entschieden sich in einer namentlichen öffentlichen Abstimmung 100 von 106 PDS-Delegierten für die Koalition und damit für den Wechsel von der Oppositions- zur Regierungspartei. Das eindeutige Votum verwunderte nach den parteiinternen Querelen der vergangenen Wochen selbst die PDS. Bei der SPD fiel das Ergebnis weniger euphorisch aus. Von den 91 Delegierten stimmten 63 dafür und 22 dagegen, 6 enthielten sich. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) bezeichnete die PDS-Regierungsbeteiligung als notwendigen Schritt. Andere SPD-Mitglieder, darunter der Bundestagsabgeordnete Markus Meckel, der Theologe Richard Schröder, der Berliner Fraktionschef Klaus Böger und der frühere Minister Erhard Eppler, warnten dagegen ihre Partei in einem vom Spiegel veröffentlichten Memorandum davor, die PDS aufzuwerten. Die Regierung in Schwerin dürfe kein generelles Vorbild für andere östliche Bundesländer werden, da dies auf Dauer die Mehrheit für Rot- Grün auch im Bund gefährde.

Prima, findet PDS-Bundesparteichef Lothar Bisky: Eine PDS-Beteiligung an einer Bundesregierung hält er „in den nächsten zehn bis zwölf Jahren für wahrscheinlich“. Die künftige CDU-Generalsekretärin Merkel befürchtet in Mecklenburg- Vorpommern nun einen „sozialistischen Jurassic Park“. Heike Haarhoff

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