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: Sich selbst überlassen

„Verspielte Nächte“, Mo.,

0.00 Uhr, ZDF

Maria und Helena sind Schwestern. Bei der Beerdigung des Vaters auf der kleinen griechischen Insel glänzt Helena (Jasmin Tabatabai) durch Abwesenheit. Angeblich hat sie keinen Flug mehr bekommen. Maria (Vicky Volioti) hat zwar die väterliche Taverne geerbt, doch daß das Servieren von Zaziki sie nicht sonderlich ausfüllt, merkt man an der Art, wie sie einmal die Teller auf den Tresen knallt. Im nächsten Moment packt die stille und lebenskluge Maria ihren Koffer, um Helena in Berlin zu besuchen. Die Schwestern sind ein ungleiches Paar. Helena würde gern tough und weltläufig erscheinen, ist aber in Wahrheit nur verstockt.

Das eine Problem dieses Films von Angeliki Antoniou hieß Jasmin Tabatabai. Tabatabai agierte – man kennt das aus ihren anderen Filmen – trotzig, lärmend und manchmal sogar trampelig, was subtile emotionale Nuancen erdrückte. Hatte Tabatabai Angst, daß der Zuschauer sie sonst nicht wahrnimmt? Nur ein-, zweimal wirkte sie echt: das eine Mal, als sie die Chance bekommt, doch noch ihren Lebenstraum zu verwirklichen. Helenas Stimme war ganz klein, als sie sagte: „Ich bin zu alt dafür.“ Denn eigentlich hatte Helena mal Tänzerin werden wollen. Doch statt dessen war sie spielsüchtig und zockte in einer Stripbar die Gäste ab. Bis es gründlich schiefging im Leben dieser hyperassimilierten Großstadtpflanze, in der doch nur ein bockiges Mädchen steckte. Klar, daß Helena sich selbst und denen, die mit dem Milieu auch ihre Lebenslügen teilen, etwas vormachen konnte, nur ihrer Schwester nicht.

Die Begegnung zwischen Würde, Freundlichkeit, Reinheit und Halbwelt hätte spannend, ja sogar poetisch werden können. Hätte, doch das zweite Problem von „Verspielte Nächte“ hieß mangelnde Dramaturgie. Eigentlich ging es um Lebensträume, Selbstbetrug, Ernüchterung, Ermutigung und zweite Chancen – ein wunderbares Thema. Was nun so einen Film und seine Struktur angeht, so gilt immer noch das alte Lenin-Wort: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!“ Doch Regisseurin Antoniou überließ Schauspieler und Handlung zu sehr sich selbst. Volioti kam als Maria souverän, ja brillant damit zurecht, teilte ihre Mittel ein – Tabatabai leider nicht. Anke Westphal