Alles geregelt, alle sind blöd

■ Teppichfransen kämmen, Wagner hören, Zimmer anmalen, Fahrrad fahren - wer in der ARD ein rechter "Supersingle" sein will, hat keine Probleme, sondern macht sich welche (20.15 Uhr, ARD)

So richtig Single mit Attitude ist in „Supersingle“ eigentlich niemand. Alexa (Ann-Kathrin Kramer) ist Redakteurin bei einem Münchner Lifestyle-Magazin, hat die Wohnung voll teurer Klamotten, fährt einen Mini-Cooper, und wenn sie unglücklich ist, ißt sie Schokolade und kämmt die Fransen ihres Teppichs. Philipp (Heio von Stetten) ist ihr Chef, hört gerne Wagner zum Essen und hat nicht nur ein Haus in der Toskana, sondern auch einen britischen Sportwagen. Nick (Jan Sosniok) ist sensibel und Gelegenheitskünstler, verdient sein Geld als Fahrer einer Stretchlimousine, und wenn man ihn läßt, bemalt er Schlafzimmerdecken mit dem Nachthimmel, legt sich auf den Boden und erzählt einen vom Großen Bären. Florentine (Regula Grauwiller) schließlich ist Schauspielerin und fährt mit dem Fahrrad durch die Stadt, will aber eigentlich nach Hollywood, und so weit trägt ihr Rad sie nicht. Wo ist also das Problem?

Eigentlich ist alles klar: Alexa und Philipp wollen heiraten, alle wichtigen Dinge sind schon geregelt – die Hochzeitstorte und der Wagen sind schon bestellt, sogar die Sitzordnung an der Tafel ist schon festgelegt. Und da kommt das Problem: Alle sind blöd. Weil Frauen blöd sind, glaubt Alexa nicht an die Treue ihres Zukünftigen, und weil Männer blöd sind, fällt er auf ihre Täuschung herein. Nick ist auch blöd, weil er Florentine vor einiger Zeit hat sitzenlassen, und Florentine – nun ja, sie ist als einzige ziemlich schlau, aber vielleicht gerade deshalb ist sie am Ende die Blöde.

So kann's gehen, wenn die ARD-Reihe „Wilde Herzen“ eine junge deutsche Beziehungskomödie produziert. Spritzig wäre zuviel gesagt, aber lahm ist sie eigentlich auch nicht. Man langweilt sich nicht, es schmeißt einen aber auch nicht aus dem Sessel. Wo „lebenslustig“ gemeint ist, gibt es die Redaktionsstuben von Lifestyle-Magazinen, wo „sensibel & kreativ“ vermittelt werden soll, wird eine Küche bunt bemalt, und täglich grüßt die Mutter telefonisch und will wissen, ob im Haushalt nicht vielleicht doch ein Infrarot- Toaster fehlt.

Kurz: Es flockt nicht ganz so locker wie vorgesehen, aber so locker ist hierzulande ja auch niemand. Nicht einmal in München, obwohl sich die Stadt zur Simulation von so etwas wie Lebensart am besten zu eignen scheint. Schließlich kann man nirgendwo sonst die Designermöbel seines Verlobten so überzeugend unter einen Rasensprenger tragen und gründlich wässern oder sein Cabrio mit Beton vollschütten lassen. In Hamburg jednefalls würde das kein Mensch machen, und wer in Leipzig oder Essen hat schon Designermöbel?

Aber „Wilde Herzen“? Dafür ist der Film dann doch eine Nummer zu behäbig. Wäre er das nicht, hieße er vielleicht „Maxisingle“, und die weibliche Hauptfigur wäre dementsprechend DJ, die männliche ein Webpage-Designer. Und ihr Problem wären nicht ein Seitensprung oder ein paar kleine Lügen, sondern Ehrlichkeit und Treue. Oder er hieße „12 inch“ und wäre ein Pornofilm. Tobias Rapp