Honduras ist zu einem Inselstaat geworden

■ Die Überschwemmungen haben 5.500 Opfer gefordert und 60 Prozent des Landes verwüstet

Tegucigalpa (wps/AP/epd) – Per Landweg kann man die honduranische Hauptstadt Tegucigalpa nicht mehr erreichen. Die Wassermassen rauschen durch die Straßen der Innenstadt, reißen Fassadenteile herunter, überschwemmen Geschäfte und verschlucken gestrandete Autos. Gelegentlich sieht man eine Leiche, die in den Fluten treibt. Über 130 Menschen sind am Wochenende in der Millionenstadt den Regenstürmen, einer Folge des Hurrikans „Mitch“, zum Opfer gefallen. Nach Angaben der Behörden wurden 100 Nachbarschaftsviertel zerstört. Überall in der Stadt trauen die Einwohner um den beliebten Bürgermeister César Castellanos, der am Sonntag bei einem Beobachtungsflug mit seinem Hubschrauber abstürzte.

In Honduras hat der Regensturm nach Angaben des Oberbefehlshabers der Streitkräfte, General Mario Raúl Hung Pacheco, mindestens 5.500 Menschen getötet. 600.000 Honduraner – das sind rund zehn Prozent der Bevölkerung – mußten aus ihren Häusern fliehen. Viele von ihnen sind ohne Trinkwasser, Nahrung und medizinische Versorgung. Befürchtet wird eine starke Zunahme von Augenentzündungen, Malaria und Denguefieber.

Die meisten Opfer gab es in entlegenen nördlichen Regionen und entlang der karibischen Küste. Die Fluten rissen Brücken mit sich, schnitten Straßen ab und isolierten zahllose kleine Dorfgemeinschaften, von denen viele am Montag noch ohne Elektrizität waren. Nach offiziellen Angaben wurden 60 Prozent des Landes verwüstet, 7.306 Häuser und 73 Brücken zerstört. Schätzungen zufolge wurden auch 70 Prozent der Ernte von den Wassermassen vernichtet.

„Honduras ist jetzt ein Inselstaat, weil viele seiner Städte und Dörfer abgeschnitten wurden. Die Infrastruktur ist zerstört“, sagte US-Botschafter James Creagan, der die US-amerikanischen Hilfslieferungen und Rettungsbemühungen koordiniert. „Das ist viel, viel schlimmer, als wir erwartet haben.“

Die Regierung hat Benzin rationiert und die Bevölkerung aufgefordert, sparsam mit Lebensmitteln und Trinkwasser umzugehen. Unterdessen gehen Plünderungen von Supermärkten und verlassenen Geschäften weiter. 250 Personen wurden festgenommen. Um den Plünderungen Einhalt zu gebieten, wurde eine Ausgangssperre zwischen 20 und 6 Uhr morgens verhängt. „Honduras ist tödlich verletzt worden“, sagte Präsident Carlos Flores in einer landesweiten Fernsehansprache, in der er die Maßnahmen der Regierung verkündete und zu internationaler Hilfe aufrief. „Unsere Leidensfähigkeit ist noch nie vor eine so harte Probe gestellt worden.“