Interhomes „betrog“ Häusle-Käufer

■ Hansetor-Prozeß: Angeklagter Interhomes-Geschäftsführer weilt in Holland / Amtsgericht geht von Betrug aus

Weiße Kragen leiden manchmal furchtbar unter der Vorstellung, auf der Anklagebank Platz nehmen zu müssen. So muß es auch dem früherer Geschäftsführer der Bremer Baufirma Interhomes ergangen sein. Dr. Sven P. jedenfalls erschien gestern nicht zu seinem Strafverfahren. Das Gericht regelte den Fall auf einem verkürzten Rechtswege.

Die Staatsanwaltschaft wirft Dr. P. Betrug vor. Unter seiner Verantwortung waren 70 Familien Einfamilien-Reihenhäuschen im „Hansetor“-Viertel in Hemelingen mit dem schriftlichen Versicherung angeboten worden, der Boden sei „vollständig entsorgt“ worden.

Als aus einem Gartenbrunnen Jahre später öliges Wasser quoll, wurden die Bewohner aufgeschreckt; das Gesundheitsamt riet den Bewohnern, ihre Kinder nur bei Regen auf dem Rasen spielen und nicht im Boden buddeln zu lassen. Der verseuchte Boden mußte ausgetauscht werden, die Sanierungskosten in Millionenhöhe teilten sich Interhomes und die Stadtgemeinde. Denn die hatte damals die Baugenehmigung ohne ordentliches Bebauungsplan-Verfahren erteilt, damit die alte Industriebrache unbürokratisch schnell verschwindet

Die Staatsanwaltschaft hatte Dr. P. vor einem Jahr überraschend verhaftet, als der seine Villa in Oberneuland verkaufen wollte. Da der frühere Interhomes-Chef Holländer ist, lag Fluchtgefahr in der Luft. Dr. P. kam am selben Tage wieder frei, weil er in der Lage war, kurzfristig die Zahlung einer Kaution von 630.000 Mark zu leisten; er versicherte zudem schriftlich, einer Ladung durch das Gericht zu folgen. Damit ließ ihn der Haftrichter nach Holland umziehen.

Als das Schöffengericht gestern feststellte, daß der Interhomes-Geschäftsführer doch nicht gekommen war, war die Verlegenheit groß: Wegen des Betrugs-Vorwurfs wird ein holländischer Staatsbürger nicht ins „Ausland“ ausgeliefert. Ein internationaler Haftbefehl hätte also wenig Wirkung, und ohne den Angeklagten kann das Gericht nicht verhandeln. Als Ausweg könnte das Gericht einen Strafbefehl über ein Jahr Haft auf Bewährung verhängen und einen Teil der Kaution als „Bewährungsstrafe“ einbehalten.

Der Anwalt des abwesenden Angeklagten wollte den Betrugs-Vorwurf nicht bestreiten, fand aber, daß einige andere Personen auch auf die Anklagebank gehörten. Insbesondere gegen Behördenvertreter hätte die Staatsanwaltschaft auch ermitteln müssen, fand der Verteidiger.

Warum der Interhomes-Geschäftsführer zwar in Holland als Berater einer Arbeit nachgehen kann, die seiner Firma monatlich 8.000,- Mark netto wert ist, aber „aus gesundheitlichen Gründen“ nicht nach Bremen auf die Anklagebank kommen kann, wollte das Gericht nur in nichtöffentlicher Sitzung erörtern. Sein Mandant sei „krank, nicht zuletzt wegen Ihres Verhaltens“, warf der Verteidiger Dr. Bandisch in der teilweise erregten Sitzung dem Staatsanwalt Dr. Baumgarte vor.

Einen wesentlichen Teil der Gerichtsverhandlung nahm die Verhandlung darüber ein, wie viel der Angeklagte als „Bewährungsauflage“ zu zahlen bereit ist. Während der Staatsanwalt deutlich machte, daß der Angeklagte vermögend und die volle Summe der Kaution nicht zu hart sei, meinte der Anwalt, sein Mandant wäre nur mit einem Drittel der Summe einverstanden. So wurde die Verhandlung um eine Woche vertagt. K.W.