Der Elektroriese speckt kräftig ab

■ Starker Rückgang der Gewinne beim größten deutschen Elektro-Konzern Siemens. Der Konzern stößt Betriebsteile mit 17 Milliarden Umsatz und 60.000 Mitarbeitern ab und steigt aus der verlustträchtigen Chipp

München (dpa/AFP/taz) – Die Gewinne des Siemens-Konzerns sind im abgelaufenen Geschäftsjahr 1997/98 drastisch eingebrochen. Wegen Maßnahmen zur Umstrukturierung, die insgesamt vier Milliarden Mark kosten, sank der Jahresüberschuß im Vergleich zum Vorjahr von 2,61 Milliarden Mark auf 920 Millionen Mark, teilte Siemens-Chef Heinrich von Pierer gestern in München mit. Der größte deutsche Elektro-Konzern will sich von Geschäftsfeldern mit insgesamt 60.000 Beschäftigten und 17 Milliarden Mark Umsatz trennen und aus dem verlustträchtigen Chipgeschäft vollständig aussteigen. Nach Bekanntgabe der Umstrukturierungen stieg die Siemens-Aktie an der Frankfurter Börse steil von 101 auf 114 Mark in die Höhe.

Der weltweite Umsatz von Siemens stieg um zehn Prozent auf 117,8 Milliarden Mark. Die Dividende soll bei unverändert 1,50 Mark je Fünf-Mark-Aktie bleiben. Der Gewinn nach Steuern, aber vor Sonderbelastungen, stieg um zwei Prozent auf 2,66 Milliarden Mark. Siemens hatte in den vergangenen Jahren seinen Steuersatz von 47 auf weniger als 20 Prozent gedrückt und etwa im Jahr 1997 in Deutschland keinen Pfennig an Steuern gezahlt. Der Konzern hatte Ende September rund 416.000 Beschäftigte, davon 194.000 im Inland.

Die Zahl der MitarbeiterInnen soll nun stark reduziert werden. Von den insgesamt 200 Geschäftsfeldern sollen 50 aus dem Konzernverbund gelöst werden. Die Sparte Bauelemente mit rund 47.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von elf Milliarden Mark soll eigenständig werden. Im Mittelpunkt der Umstrukturierung steht der Börsengang des Halbleiterbereichs und des Geschäftsbereichs Banking Systems. In beiden Bereichen arbeiten derzeit 6.000 Angestellte, die einen Umsatz von rund vier Milliarden erwirtschaften. Auch die Siemens Schienenfahrzeugtechnik GmbH kam unter den Hammer und wurde an Vossloh verkauft; der Bereich Starkstromkabel wurde für 1,7 Milliarden Mark an Pirelli abgegeben. Schließlich plant Siemens, im Arbeitsgebiet Industrie ein Umsatzvolumen von rund 700 Millionen Mark abzugeben. Die Kosten für die Umstrukturierung veranschlagt Siemens allein für das laufende Geschäftsjahr auf rund vier Milliarden Mark.

Die Pläne sind Teil eines 10-Punkte-Programms zur Steigerung des Unternehmenswertes. Bei den Geschäften mit Halbleitern, Verkehrstechnik und Energieerzeugung habe es hohe Verluste gegeben, räumte der Vorstand ein. Zudem habe das Unternehmen die Risikovorsorge für Geschäfte etwa in Asien um 900 Millionen Mark erhöhen müssen.