Fremde Klassenfete

■ Eine Dreiviertelstunde Einwegtheater: „Das Käthchen von hinten“ im TiK

Kein Wunder, daß sich Michael Bandt und Matthias von Hartz über Das Käthchen von hinten so bedeckt gehalten haben. Im Presseinfo stand: „Ins Theater gehen: Plätze suchen. Ruhig werden. Warten. Unruhig werden. Gehen.“ Im Programm noch ein kryptisches Zitat des postmodernen Klassenkaspers Baudrillard, und der Rest sollte Überraschung werden. Die Beschreibung ihrer Inszenierung – die sie wohl gerne in Anführungszeichen gesetzt sehen möchten – lautet: Stimmt. Das Publikum kam, setzte sich und erlebte eine Vorstellung in zwei Teilen. Im ersten passierte nichts, im zweiten das gleiche noch mal.

Das geht nicht? Am Mittwoch im TiK ging es wohl. Nach einer langwierigen Einlaßzeremonie hieß es, ein Darsteller sei erkrankt, und die Neubesetzung könne die Rolle nur mit dem Textbuch in der Hand spielen. Das glaubte schon mal kein Mensch. Dann hob sich die Sichtblende und enthüllte statt einer Bühne einen zweiten Zuschauerraum. Der Rest war Gepöbel in den Sitzreihen auf beiden Seiten; der konspirative Teil des Publikums enttarnte sich und ging den anderen etwa eine Viertelstunde lang auf den Geist. Das ganze wurde heimlich gefilmt und nach einem Kurzauftritt von Michael Bandt fast in voller Länge vorgeführt.

Außer sich selbst auf der Leinwand konnte man in diesem Stück folgendes sehen: einen Ritter mit einem echten Pferd, einen zweiten Ritter mit einem echten Penis sowie Ersatzmann Jürgen, der den Text nicht vorlesen mochte. Zu hören war die Aussage, daß Das Käthchen von Heilbronn ein Scheißstück ist, und gefühlt habe ich mich wie auf einer fremden Klassenfete.

Das war also Das Käthchen von hinten: weder langweilig noch dumm, sondern gerade witzig genug für eine Dreiviertelstunde Einwegtheater – beim nächsten Stück von Bandt oder von Hartz würde ich aber trotzdem lieber wieder zusehen als angestarrt werden, ehrlich.

Barbora Paluskova

Nächste Vorstellung: fällt aus