Erholung vom Krieg in Bosnien

■ Zwei Jahre „Seka“: Ein Haus für traumatisierte Frauen und Kinder Von Elke Spanner

„Für die Frauen und Kinder ist der Krieg noch lange nicht zuende.“ Gabriele Müller seufzt: „Wir bräuchten zehn Sekas.“ Wenn die Mitarbeiterin des Erholungs- und Seminarhauses für kriegstraumatisierte Frauen, das Hamburgerinnen vor zwei Jahren auf der kroatischen Insel Brac initiierten, über ihre dortige Arbeit spricht, spiegelt sich schon in ihrer Tonlage der Zwiespalt wider, in dem das Projekt steckt. Einerseits berichtet Müller begeistert darüber, wie die Frauen und Kinder, die diesen Sommer zur Erholung kamen, sich während ihres Aufenthaltes stabilisieren und neuen Lebensmut tanken konnten. „Viele haben die Traumata, die sie durch ihre Gewalterfahrungen haben, während des Krieges über Jahre unterdrückt“, sagt sie. „Erst jetzt kommt vieles hoch.“

Auf der anderen Seite kann „Seka“ nur einen Bruchteil der Frauen aufnehmen, die dringend Erholung bräuchten. „Schon jetzt haben wir für nächstes Jahr Anfragen von über zwanzig Frauenprojekten aus Kroatien und Bosnien“, sagt Müller. „Und jedes der Projekte steht für hunderte von Frauen.“ Wer in den kleinen Ort Splitska auf der Adriainsel Brac kommen kann, wählen Frauenprojekte aus dem ganzen ehemaligen Jugoslawien aus, mit denen „Seka“ zusammenarbeitet. 216 Frauen und Kinder waren bisher zu Gast, 123 davon im letzten Sommer.

Die zweite „Saison“ auf der kroatischen Insel sei anders verlaufen als die im vorigen Jahr, sagt Müller. Denn diesmal waren rund vierzig Frauen und Kinder bei „Seka“, die zuvor keinen Zugang zu Beratung oder Therapie hatten. Zwanzig von ihnen kamen aus Mostar, wo sie in einem Militärlager gelebt hatten. Zwanzig weitere reisten aus der muslimischen Enklave Stari Vitez im kroatischen Teil Bosniens an. Dort mußten die Menschen zwischen 1993 und 1994 elf Monate lang in Kellern leben, erzählt Müller. Viele der Frauen und Kinder litten seither unter extremen Angst- und Panikattacken.

Gerade für die Kinder seien die Tage in Splitska daher eine ganz neue Erfahrung gewesen: „Die Erwachsenen in Stari Vitez sind so mit dem Überleben beschäftigt, daß die Kinder es kaum kannten, wenn ihnen mal jemand richtig zuhört.“ Noch heute können sich die Menschen in Stari Vitez kaum aus ihrer Enklave herausbegeben. Anders als die sonstigen Gruppen bei Seka wollten diese Frauen deshalb seltener am Strand baden, sondern sich dort aufhalten, wo sie andere Menschen treffen konnten, erzählt Müller schmunzelnd.

„Seka“ ermöglicht den Frauen den Aufenthalt kostenlos. Zum großen Teil finanziert sich das Projekt über Spenden. Darüber hinaus hat das Plattenlabel „Twah“ nun eine Musik-CD herausgebracht, deren Stücke sich thematisch mit der Nachkriegszeit befassen. Der Erlös kommt teilweise „Seka“ zugute.

Spenden: Ökobank Frankfurt, Bankleitzahl: 500 901 00, Kontonummer: 200 2000

Büro: Seka Hamburg, Friedensallee 7, 39905653 (Neue Mitarbeiterinnen sind immer willkommen.)