Schlapphüte ohne Vize

■ Bei der Neuordnung des Geheimdienstes soll stellvertretender Amtsleiter entfallen

Der Verfassungsschutz soll künftig ohne einen stellvertretenden Amtsleiter auskommen. Die Stelle soll bei der geplanten Umstrukturierung des Landesamtes für Verfassungsschutz entfallen. Dessen Neuordnung war nach der Affäre um die fälschliche Einstufung eines Polizeidirektors als Scientology-Mitglied beschlossen worden. Der scheidende Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) erläuterte gestern vor dem Verfassungsschutzausschuß, die Stellvertreterposition habe sich in der Praxis nicht bewährt. „Der Aktenfluß ernährt nicht den Mann.“

Damit würde Verfassungsschutzvize Klaus Müller, ein CDU- Mann und kritischer Kopf in der Behörde, seinen Job verlieren. Müller wollte in vier Jahren in Pension gehen. Die bündnisgrüne Abgeordnete Renate Künast wertete die Absicht, die Stelle zu streichen, als „Versuch, einen unliebsamen Mitarbeiter loszuwerden“. Wenn der Innensenator mit dem Verfassungsschutzvize nicht zusammenarbeite und ihm keine Aufgaben gebe, könne man sich hinterher nicht beklagen, daß dieser nicht ausgelastet sei, so Künast. Angesichts der Verfassungsschutzaffäre vom Sommer dieses Jahres halte sie „mehr Leitung und nicht weniger“ für notwendig.

Im Zuge der Neuordnung des Amtes soll künftig die Hierarchieebene der Abteilungsleiter entfallen. Dafür sollen fünf Referatsleiter in höhere Gehaltsstufen eingruppiert werden, was auf heftige Kritik von Grünen und PDS stieß. Nach Angaben des Verfassungsschutzes entstehen aber keine Mehrkosten, da mehrere Stellen gestrichen werden.

Die Frage, wie die geplante Rotation von Verfassungsschützern mit dem Dienstrecht vereinbar ist, blieb gestern offen. Ein „Hemmschuh“, so räumte Schönbohm ein, sei die Sicherheitszulage, die beim Wechsel in eine andere Behörde entfällt. Die von den Grünen beantragte Abschaffung der Zulage ist bislang am Widerstand von CDU und SPD gescheitert. Die SPD- Abgeordnete Kirsten Flesch begrüßte, daß künftig die Beschaffung und Auswertung von Informationen des Geheimdienstes getrennt erfolgt. Dies war nach der jüngsten Affäre als Schwachstelle des Amtes analysiert worden. Details für die Umstrukturierung des Verfassungsschutzes sollen Ende März vorgelegt werden. Dorothee Winden