■ Union und FDP verbuchen Arbeitslosenrückgang auf ihr Konto
: Verantwortung für die gute Nachricht

Eigentlich gab es doch gar keinen so rechten Grund, die CDU/FDP-Koalition abzuwählen, oder? Ketzerisch gefragt. Fast 400.000 Arbeitslose weniger als im Oktober vergangenen Jahres, so lautet die jüngste Bilanz der Arbeitsämter, die sich jetzt die abgewählte Kohl-Regierung noch schnell an die Brust heftet. „Die sich Monat für Monat abzeichnende Verbesserung am Arbeitsmarkt ist das Ergebnis der Reformpolitik der letzten Jahre“, verkündete gestern stolz der scheidende CDU-Generalsekretär Peter Hintze. Für eine gute Nachricht will jeder gern verantwortlich sein, vor allem in der Politik.

Tatsächlich läßt sich anhand der gestern veröffentlichten Arbeitsmarktstatistik jedoch auch die Frage stellen: Welchen Einfluß kann Parteienpolitik überhaupt auf die Arbeitsmarktzahlen ausüben? Welche Rolle spielen andere konjunkturelle oder demographische Faktoren? Interessanterweise hat dabei die abgewählte Kohl-Regierung ihre sichtbarsten Arbeitsmarkterfolge mit Mitteln erzielt, die traditionell den Sozialdemokraten vorbehalten waren: einer wahltaktischen Ausweitung aktiver Beschäftigungspolitik.

Ebenso wichtig wie die ABM-Plätze waren dabei Weiterbildungskurse und die sogenannten Strukturanpassungsmaßnahmen (SAM), also hohe direkte Lohnkostenzuschüsse für Wirtschaftsunternehmen im Osten, die Joblose beschäftigen. Die CDU/FDP- Regierung verfolgte eine Subventionierungspolitik, gegen die die arbeitsmarktpolitischen Vorhaben von Rot-Grün erstaunlich marktorientiert wirken.

Auf günstige Faktoren, die sich schon unter Kohl auswirkten, kann zwar auch Rot-Grün hoffen: Aufgrund der demographischen Rückgänge und der Zuwanderersperren geht das Angebot an Arbeitskräften zurück. Alles weitere jedoch ist ungewiß. Das Wirtschaftswachstum jedenfalls beeinflußt die Beschäftigtenzahlen erstaunlich wenig, so ergab die Oktoberstatistik. Die Arbeitsproduktivität steigt. Beschäftigte werden immer effizienter eingesetzt.

Das rot-grüne Reformprojekt, mit Hilfe der Steuerreform Wachstum und dadurch die Beschäftigung anzukurbeln, bleibt daher eine Rechnung mit vielen Unbekannten. Arbeitsminister Walter Riester kündigte vorsorglich an, die Arbeitsmarktpolitik in Ostdeutschland zu verstetigen. Auch die hunderttausend neuen Jobs für Jugendliche waren schon ein Ziel der alten Koalition. Riester weiß, daß am Monatsende nur die Statistik zählt. Dem kann sich auch Rot-Grün nicht entziehen. Barbara Dribbusch