H.G. Hollein Geschenkt

Die Frau, mit der ich lebe, hat viele Freundinnen, die auf vielfältige Weise befriedigt werden müssen. Vor allem an Geburtstagen. Also muß ein Geschenk her – die Betreffende feiert ja erst heute abend. Das sind dann die Momente, in denen die Gefährtin sich meiner erinnert. „Du hast doch sicher ein bißchen Zeit“, flötet sie durchs Telefon, und ich lasse Kunden, Kolleginnen und den ganzen grauen Büroalltag hinter mir und stürze los. Der aufmunternde Hinweis „du kennst ja ihren Geschmack, besorg einfach irgendwas Nettes“ hat bisher allerdings noch immer eine schier unüberwindliche Denkblockade zur Folge gehabt. Damit ist jetzt Schluß. Es gibt nämlich den „schlanken Schnitt“, und da habe ich ein paar Dinge auf Vorrat bestellt, die das Herz jeder Frau höher schlagen lassen. Etwa den Damen-Hausschuh „Trude“. Der ist nicht nur „sehr bequem und mollig warm gefüttert“, sondern mit 29,95 Mark auch die ideale Ergänzung zum „Morgenmantel Barweiler“ mit seinen „farbharmonischen Blüten auf marinefarbigem Grund“. Für jede schrille Schlampe ein trendsetzendes Muß, sage ich mir. Auf den sportlicheren Typ warten dagegen ein paar Thermohosen mit Dehnbund. Die machen „ein schlankes, modisches Bein“ und sind vor allem in dem von mir präferierten Farbton „Nougat“ gegen jeden Umtauschwunsch gefeit. Der eher konservativ-elegant geneigten Jubilarin harrt eine Auswahl diverser Größen der „Bluse Marie“, deren dezenten V-Ausschnitt „sehr feine Lochspitze rahmt“, die auch die „besonders weit gearbeiteten 3/4-Ärmel“ abschließt. Sollten alle Stricke reißen, bleibt immer noch „Pullover Gertrud“ mit seiner „apart kontrastierenden Zierknopfleiste“ in Blau und – ja – Nougat. Seit das Paket mit diesen Zierstücken femininen Verlangens bei uns eingegangen ist, sehe ich den anstehenden Gratulationsveranstaltungen gelassen entgegen. Die Gefährtin seltsamerweise eher nicht.