Bettler zu Service-Männern

Hamburg soll schöner werden: Hinz & Kunzt präsentiert neues City-Service-Konzept. Obdachlose werden zu Ansprechpartnern  ■ Von Eberhard Spohd

Das Obdachlosenmagazin Hinz & Kunzt feiert seinen fünften Geburtstag. Doch anstatt Geschenke einzufordern, macht das Projekt der Stadt ein Präsent: das City Service-Konzept. „Wenn die Einzelhändler die City attraktiver machen wollen“, erklärte Stephan Karrenbauer, Sozialarbeiter des Projekts, in Anspielung auf die diversen sogenannten Bettlerpapiere des Senats, „dann müssen sie auch den gleichen Service bieten wie zum Beispiel die großen Einkaufszentren“. Man brauche keine Innenstadtverordnung, sondern mehr Ansprechpartner und mehr Service – „ein neues Arbeitsprojekt also.“

Die Idee ist denkbar einfach: Anstatt zu betteln, werden die Obdachlosen zu City-Beratern gemacht. Sie sollen Ansprechpartner für Passanten sein, Auskünfte erteilen oder als Gepäckträger zur Verfügung stehen. Obdachlose Parkplatzeinweiser sollen künftig herumirrende Autofahrer leiten. Auch auswärtigen Besuchern mit Kindern soll geholfen werden: Anstatt daß der Kinderwagen im Kofferraum Platz für Designermöbel und andere Exquisitäten raubt, werden Buggys verliehen. Wer sein Kind während des Einkaufs ganz loswerden will, parkt es gegen ein Entgelt von drei Mark pro Stunde im Kinderparadies. Angedacht ist auch ein Reinigungsdienst und die stundenweise Vermittlung von Arbeitskräften, die bei Einzelhändlern aushelfen.

So zumindest sieht die Planung aus. „Ich muß jedoch betonen“, warnte Karrenbauer vor übertriebenen Erwartungen, „daß wir bisher nur dieses Konzept haben.“ Entscheidend für die Konkretisierung wird sein, wie es finanziert werden kann. „Darüber haben wir noch keine Gespräche geführt“, erklärtHinz-&-Kunzt-Geschäftsführer Karsten Niemann. Vorstellen könne er sich jedoch vier Säulen: Das Sozial-, das Arbeitsamt und die Einzelhändler in der City könnten Geld zur Verfügung stellen, und schließlich flössen die Gebühren für die Dienstleistungen mit ein.

Einen fünften Weg sieht Stephan Reimers, Chef des Diakonischen Werks: „Bei der Rathauspassage haben wir die Erfahrung gemacht, daß auch die Bürger zu Spenden bereit sind, wenn die Behörden mitspielen.“ Und auch das Spendenparlament könne sicher sein Scherflein beitragen.

Die Politiker in Hamburg wurden durch den Vorstoß von Hinz & Kunzt überrascht. So äußerten sich Christoph Holstein, Sprecher der Innenbehörde, und Petra Bäurle von der Sozialbehörde unisono: „Wir wissen zwar von nichts, aber wir begrüßen jede Initiative, die obdachlosen Menschen über Arbeit wieder eine Perspektive gibt.“

Und zwar einer ganzen Menge Menschen. „Wir haben durchgerechnet, was an Service geboten werden muß“, erklärte Niemann, „und sind auf 50 bis 70 befristete, aber sozialversicherungspflichtige Stellen gekommen.“ Hinz & Kunzt steht allerdings nur unter zwei Bedingungen als Träger für das Projekt zur Verfügung: Wenn die Finanzierung steht und „wenn Bettler nicht mehr aus der Innenstadt vertrieben werden sollen“.