■ Mit Tropensturmfolgen auf du und du
: Schaden auf Dauer

Berlin (taz) – Das Ausmaß der Katastrophe in Mittelamerika kann noch nicht genau beziffert werden. Fest steht, daß mindestens 10.000 bis 15.000 Menschen den Fluten zum Opfer gefallen sind, etliche tausend werden noch vermißt.

Die Schäden für die Volkswirtschaften der ärmsten Länder des Kontinents sind verheerend. Dabei wurden die Verkehrsinfrastruktur und die Exportbranchen besonders stark in Mitleidenschaft gezogen. Versichert sind die meisten Schäden nicht.

Für die Agrarwirtschaft, die den wichtigsten Wirtschaftszweig in Nicaragua und Honduras darstellt, ist die Zerstörung fast der gesamten Ernte und weiter Teile der Anbauflächen eine Katastrophe. Die Erträge der wichtigsten Güter Bananen und Kaffee sind durch den Tropensturm für den Export zu einem großen Teil unbrauchbar geworden.

Nach Einschätzung des costaricanischen Kaffeeinstituts Icafe hat der Hurrikan in ganz Mittelamerika 84 Millionen Kilo Kaffee vernichtet. Am stärksten mitgenommen sind wiederum Honduras und Nicaragua, die 20 bis 30 Prozent ihrer Ernte einbüßen werden. In Honduras haben Bananen 1997 mit 255 Millionen US-Dollar ein Fünftel des Devisenaufkommens des Landes ausgemacht. Außerdem soll nahezu der gesamte Viehbestand und ein besorgniserregender Anteil der Ernte an Grundnahrungsmitteln wie Reis, Mais und Bohnen vernichtet worden sein.

Der Präsident von Honduras, Carlos Flores, sprach von einem „nationalen Unglück ersten Ranges“. Ausländische Helfer fragen sich, wie die Wirtschaft überhaupt wieder in Gang kommen soll. „Das ist ein sehr ernster Dauerschaden“, sagte der Direktor der deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, Wolfgang Teschner.

Eingestürzte Brücken sowie unterbrochene Wasserleitungen und Strom- und Telefonnetze werfen die Wirtschaftsentwicklung in den ärmsten Ländern Mittelamerikas zusätzlich zurück. Ohne die funktionierende Infrastruktur könne nach Ansicht des Mittelamerikaexperten Horst Wagner vom Deutschen Entwicklungsdienst auch in den nächsten Jahren die Ernte nicht eingefahren und transportiert werden. Nach Angaben der Finanzministerin von Honduras sei allein für den Wiederaufbau der Infrastruktur eine Milliarde Dollar nötig. Insgesamt brauche das Land sogar die doppelte Menge Geld für den Wiederaufbau. Das wäre die Hälfte seiner Auslandsschulden oder die Exporteinnahmen von drei Jahren. Die Münchener Rückversicherung schätzt die Schäden der Region auf zwischen zwei und fünf Milliarden Dollar. kap