Steuermilliarden für Klimakiller

Der wachsende Flugverkehr trägt massiv zum Treibhauseffekt bei und wird vom Staat kräftig subventioniert. Doch beim Klimagipfel ist er kein Thema  ■ Von Bernhard Pötter

Den Urlaubern im Berliner Flughafen Tegel folgte gestern ihr schlechtes Gewissen auf dem Fuß: Auf dem Weg zum Abfertigungsschalter schlichen Gestalten mit riesigen Rucksäcken hinter ihnen her, auf denen die Klimabelastung der Flüge angegeben war: „New York 1.600 kg CO2“ oder „Antalya 600 kg CO2“. Wie in anderen europäischen Städten sowie in den USA, Kanada und Australien demonstrierte ein Bündnis von acht Umweltschutzverbänden, darunter Robin Wood, BUND und DNR, gegen die Klimagefahren durch den Flugverkehr.

Diese werden bei der aktuellen Klimakonferenz in Buenos Aires ausgeklammert. „Dabei gehen etwa sechs Prozent der Treibhausemissionen auf den Flugverkehr zurück“, erklärte Anja Köhne vom Deutschen Naturschutz-Ring. Wegen der Flughöhe wirke die Verbrennung eines Liters Kerosin dreimal so schädlich auf das Klima wie die Verbrennung eines Liters Benzin auf der Erde.

Die Initiativen lobten die neue Bundesregierung, weil sie sich im Koalitionsvertrag für eine EU- weite Besteuerung des Flugbenzins ausspricht. In Deutschland selbst passiere aber kaum etwas. „Eine nach Emissionen differenzierte Landegebühr wie in Zürich wird nicht diskutiert“, kritisiert Köhne. Auch die Verlagerung des Kurzstreckenverkehrs auf die Bahn sei nur scheinbar ein Gewinn für die Umwelt: denn die freiwerdenden Start- und Landefenster (Slots) würden auf den meist überlasteten Flughäfen dann für Auslandsflüge genutzt.

Nach einer Studie des Umweltbundesamtes (UBA) wuchs der Personen-Flugverkehr in Deutschland zwischen 1980 und 1993 schneller als bei allen anderen Verkehrsträgern. Bis zum Jahr 2010 soll sich die Flugleistung bezogen auf 1993 noch einmal fast verdoppeln. Selbst im besten Fall werden „die CO2-Emissionen des Flugverkehrs um über 50 Prozent über den Werten von 1993 und um 110 Prozent über dem Niveau von 1987 liegen“. Die deutschen Klimaziele – Reduzierung der Emissionen bis 2005 um ein Viertel gegenüber 1990 – „werden damit weit verfehlt“, so das UBA. Auch im Frachtverkehr erwartet das Bundesverkehrsministerium einen gewaltigen Zuwachs: Das Frachtaufkommen in der Luft hat sich seit 1980 verdoppelt. Insgesamt arbeiteten direkt und indirekt knapp eine Million Menschen an den deutschen Flughäfen, die deswegen als „Jobmaschinen“ gelten.

Diesen Wirtschaftszweig läßt sich der Staat eine Menge kosten. Ein Arbeitspapier der Nord-Süd- Initiative Germanwatch, die sich ebenfalls an der Aktion beteiligten, kommt zu dem Ergebnis, der Staat subventioniere „den Luftverkehr an allen Ecken und Enden“. Demnach bekamen die europäischen Luftfahrtgesellschaften zwischen 1991 und 1993 insgesamt 5,4 Milliarden Mark direkte Zuschüsse aus Staatskassen. Weiterhin verzichte der deutsche Staat auf Steuereinnahmen, indem er internationale Flugtickets von der Mehrwertsteuer befreie und Abschreibungen bei Flugzeuganschaffungen erlaube. Die Bundesministerien förderten die Luftfahrtforschung weit mehr als etwa die Bahnentwicklung. Schließlich zahle der Staat vor allem beim Neu- und Ausbau von Flughäfen kräftig dazu, so beim Ausbau des Berliner Großflughafens Schönefeld oder bei der Ertüchtigung von Regionalflugplätzen.

Auch helfe der Staat dem Luftverkehr, indem er „auf eigene Kosten Straßen- und Schienenstrecken als Flughafenzubringer baut und dies noch als Förderung des öffentlichen Nahverkehrs ausweist“, kritisiert Germanwatch. Insgesamt mehrere Milliarden Mark würden in Bahn- und Straßenbahnanbindungen an Flughäfen investiert. Das Geld fehle dann beim Bahnausbau, so Anja Köhne: „Inzwischen kommt man von Köln schneller nach New York als in eine Kleinstadt in Thüringen.“