Andrea Wolf im Osten der Türkei erschossen

■ Auswärtiges Amt verlangt Aufklärung. Die 32jährige war bei der PKK untergetaucht

Berlin (taz) – Die Bundesregierung bemüht sich um Aufklärung von Berichten, wonach die untergetauchte Andrea Wolf in der Türkei erschossen worden sein soll. Die Karlsruher Bundesanwaltschaft verdächtigt die 32jährige, an den Vorbereitungen des Sprengstoffanschlags der Roten Armee Fraktion (RAF) auf den Gefängnisneubau im hessischen Weiterstadt im März 1993 beteiligt gewesen zu sein. Bei dem Anschlag war ein Schaden von etwa 100 Millionen Mark entstanden.

Das Auswärtige Amt erklärte gestern in Bonn, ihm seien Meldungen bekannt, „wonach eine deutsche Staatsangehörige bei Auseinandersetzungen im Südosten der Türkei zu Tode gekommen sein soll“. Die türkische Regierung wurde über deren Botschaft in Bonn und über die Deutsche Botschaft in Ankara um Stellungnahme und Aufklärung gebeten.

Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung heute berichtet, soll Wolf von türkischen Sicherheitskräften erschossen worden sein. Nach bisher vorliegenden Informationen sei die Linksradikale vor ihrer Erschießung von den Sicherheitskräften festgenommen worden. Das Kölner Kurdistan-Informationszentrum warf gestern den türkischen Sicherheitskräften vor, sie hätten Wolf lebend gefangengenommen „und später hingerichtet“. Wolf wurde von der Bundesanwaltschaft wegen des Verdachts der Unterstützung der Roten Armee Fraktion mit Haftbefehl gesucht. 1995, nach mehreren Hausdurchsuchungen in Frankfurt am Main, tauchte sie unter.

Der Führer der kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan, bestätigte 1996, daß sich Wolf „zur Zeit in Kurdistan an der Front“ aufhalte. Im PKK-nahen Fernsehsender Med-TV wurde Wolf im Frühjahr 1997 als eine von mehreren Kämpferinnen gezeigt, die unter ihren „Kampfnamen“ auftraten.

Die aus der Szene der „Antiimperialisten“ stammende Wolf war eine Bekannte des V-Mannes des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes, Klaus Steinmetz. Dieser führte die Strafverfolger an Mitglieder der RAF heran, er wurde bei einer desaströsen Polizeiaktion in Bad Kleinen im Juni 1996 enttarnt.

In einem Brief aus Kurdistan hatte Wolf den V-Mann im letzten Jahr schwer belastet. Steinmetz soll entgegen seinen Aussagen von den Plänen der Roten Armee Fraktion (RAF) gewußt haben, den Gefängnisneubau in Weiterstadt sprengen zu wollen. Damit wurde die Frage neu aufgeworfen, ob nicht möglicherweise auch der Verfassungsschutz über den anstehenden Sprengstoffanschlag unterrichtet war. wg