Bürgerrechtler wird Menschenrechtler

Der Bündnisgrüne Gerd Poppe wird Beauftragter für Menschenrechte im Auswärtigen Amt. Der ehemalige DDR-Bürgerrechtler wird dem Realoflügel zugeordnet und ist ein Unbequemer in seiner Partei  ■ Von Severin Weiland

Berlin (taz) – Joschka Fischer vergißt seine Freunde nicht. Gerd Poppe, im letzten Bundestag noch Abgeordneter der Bündnisgrünen aus Ostdeutschland, wird an die Seite des neuen Außenministers ins Auswärtige Amt ziehen. Dort soll der 57jährige neuer Beauftragter für Menschenrechte und Humanitäre Fragen werden. Welchen Status und welche Kompetenzen Poppe im einzelnen erhält, ist bislang noch unklar. Den Posten eines Staatsministers könne er nicht einnehmen, weil nach der derzeitigen gesetzlichen Lage dafür nur Bundestagsabgeordnete in Frage kommen, hieß es gestern auf Anfrage der taz im Auswärtigen Amt. Die Funktion eines Menschenrechtsbeauftragten hatte in der alten Regierung der Staatsminister und FDP-Bundestagsabgeordnete Helmut Schäfer inne. Sein Schwerpunktbereich war unter anderem Lateinamerika gewesen. Poppe wird aller Voraussicht nach verstärkt sein Augenmerk auf Osteuropa, China und Tibet richten. Als Mitglied des Unterausschusses Menschenrechte des Bundestages hatte er im September 1997 das von den Chinesen besetzte Tibet besucht. Das Auswärtige Amt erklärte gestern, die Ernennung Poppes unterstreiche die Absicht der neuen Regierung, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu einem Schwerpunkt in der Außenpolitik zu machen. Unter anderem soll der ehemalige DDR-Bürgerrechtler Kontakt zu unabhängigen Menschenrechtsgruppen und -organisationen halten.

Mit Poppe zieht ein Vertreter des realpolitischen Flügels der Bündnisgrünen an die Seite des Außenministers Fischer ins Amt. Der zu DDR-Zeiten von der Staatssicherheit zusammen mit seiner Ex-Frau Ulrike bespitzelte Physiker hatte sich vor allem in der Debatte um den Krieg in Ex-Jugoslawien hervorgetan. Im Gegensatz zur anfangs streng pazifistischen Haltung der Grünen hatte er schon 1993 für militärische Schutzmaßnahmen plädiert. Immer wieder hat sich Poppe auch in die Debatte um ehemalige Stasi-Mitarbeiter eingeschaltet. Zuletzt tat er dies in einem offenen Brief an den US-Präsidenten Bill Clinton wegen der von der CIA erworbenen Stasi-Akten (siehe taz vom 7. 11).

Poppe ist für seine Partei stets ein unbequemer Vertreter gewesen. Nur eine Minderheit bei den westdeutschen Grünen, so hatte er 1993 erklärt, hätten sich in den achtziger Jahren für die Situation der Menschenrechte im Ostblock interessiert.

Im Gegensatz zum Mainstream der Grünen befand Poppe sich in bezug auf die Nato-Osterweiterung: Früh befürwortete er die Aufnahme osteuropäischer Staaten in die Allianz.