Mutter-Kind-Schule

■ Wenn junge Frauen Mütter werden, fällt Schule meist flach / Ein neues Projekt bietet jetzt Kinderbetreuung plus Schule an

Der 13 Monate alte Rajad geht seit neuestem zur Schule. Dreimal die Woche von neun bis 15 Uhr im Schlepptau mit seiner 20jährigen Mama Adia. Denn die will endlich ihren Hauptschulabschluß machen – trotz Nachwuchs in jungen Jahren. „Schule“ bedeutet für Rajad deshalb eigentlich „Krabbelgruppe“: Seit September können junge Frauen nämlich samt Nachwuchs in die Schule gehen – dank eines neuen Projekts, das „BeLeM“ „Berufliche Lebensplanung für junge Mütter“ heißt und gestern offiziell in der Schule in der Valckenburghstraße eingeweiht wurde.

Zwei Lehrer, eine Sozialpädagogin, eine Erzieherin und ein Krabbelraum waren vor dem Start zu organisieren. Und vorher brauchte es viel Geduld, um auch das nötige Geld locker zu machen. Das hat das Zentrum für Schule und Beruf (ZSB) der Allgemeinen Berufsschule in Walle jetzt aber geschafft – nachdem das Bremer Arbeitsamt damit in der Vergangenheit gescheitert war. Die ZSB-Projektleiterin Christine Helmken hat mit Mut und Spucke Geld losgeeist bei den Ressorts Jugend und Bildung, beim Deutschen Roten Kreuz und bei der Europäischen Union – „weil das Projekt bitter nötig war“, sagt sie.

Schließlich haben junge Mütter eigentlich seit Jahren Hilfe nötig – wie die 19jährige Jasmin. Deren Tochter ist mittlerweile zweieinhalb Jahre alt. Als Cindy geboren wurde, mußte sich die junge Mutter noch ganz allein durchschlagen. Das Sozialamt übernahm zwar die Kosten für eine Tagesmutter. „Aber trotzdem gab es Ärger: Die haben mich von der Schule geschmissen, weil ich so oft gefehlt habe. Dabei mußte ich doch da sein, wenn meine Tochter mal krank war“, erzählt sie. Jetzt ist BeLeM da und damit eine Schule, „die das auch akzeptieren kann.“

„Akzeptieren“ heißt: Tolerieren, daß die „jungen Frauen auch zu spät oder gar nicht kommen, weil sie morgens einfach mal nicht hochkommen“, erzählt Sozialpädagogin Sabine Pregitzer. Begleitende Beratung bietet die Sozialpädagogin deshalb an – „weil die Frauen Schulabbrüche hinter sich haben und außerdem auch nicht viel Hilfe von den eigenen Eltern bekommen.“ Die meisten Frauen sind zudem alleinerziehend – weil der Traum einer Kleinfamilie dann doch an der Realität scheiterte. „Die Frauen sind jung und die Väter eben auch“, erklärt Sabine Pregitzer. „Ausdrücklich gewollt“ sind dagegen alle Kinder – wenn auch nicht alle geplant.

Von einer schrecklichen Belastung wollen die jungen Mütter denn auch nichts hören. „Ich bin total glücklich, daß ich meine Tochter habe“, sagt die 19jährige Jasmin. „Viel vor“ hat sie noch im Leben – sie will irgendwann Rechtsanwalts- und Notarsgehilfin werden. „Das plane ich alles vor und kriege ich auch hin“, ist sie sich sicher. Und auch andere Frauen würden trotz Kind gerne eine Chance haben: Allein 14 Frauen stehen schon heute auf der Warteliste für das neue Mutter-Kind-Projekt. kat