Poppe will mehr als nur Symbol sein

Der neue Menschenrechtsbeauftragte im Außenministerium, Gerd Poppe, will den Menschenrechten den Nimbus des Sonderthemas nehmen. Doch auch er hält schon für möglich, daß er nur „Anstöße“ geben kann  ■ Aus Bonn Bettina Gaus

Gerd Poppe, neuer Beauftragter für Menschenrechte und humanitäre Fragen im Auswärtigen Amt, will seine Berufung nicht als „symbolische Politik“ verstanden wissen. „Es geht darum, Menschenrechte nicht als abgegrenztes Sonderthema zu sehen, sondern es mit dem Thema Demokratieentwicklung zu verbinden“, sagte er gestern gegenüber der taz. So will er auch Gespräche mit der deutschen Wirtschaft aufnehmen: „Ich halte es für Unfug, zu sagen, man dürfe nicht über Menschenrechte reden, wenn man gute Handelsbeziehungen will.“ Auch die Wirtschaft müsse an stabilen und demokratischen Verhältnissen in ihren Partnerländern ein Interesse haben. „Es gibt US-Firmen, die bei ihren Auslandsinvestitionen sehr wohl darauf achten, wie die Menschenrechtslage im Land ist.“

„Der Versuch, in autoritären Staaten demokratische Bewegungen zu fördern, muß viel weiter gehen als bisher“, faßt Poppe eines seiner Hauptanliegen zusammen. Allerdings sei er sich der Tatsache bewußt, daß er künftig einen weit schwierigeren „Balanceakt“ zu bewältigen haben wird als in der vergangenen Legislaturperiode als Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen: „Mit Regierungsaufgaben muß man da sehr sensibel umgehen.“

Bisher war Poppes künftiger Aufgabenbereich ein Teil der Arbeit des Staatsministers. Mit der Berufung des ehemaligen DDR- Bürgerrechtlers solle das Thema „aufgewertet“ werden, hieß es dazu gestern aus der Umgebung von Joschka Fischer. Nach dem Willen des Außenministers soll Gerd Poppe künftig die Bundesrepublik bei internationalen Konferenzen zum Thema Menschenrechte im In- und Ausland vertreten und enge Kontakte mit nichtstaatlichen Organisationen pflegen. Der neue Menschenrechtsbeauftragte wird Fischer direkt unterstellt sein. Einzelheiten wie Besoldung und personelle Ausgestaltung des neuen Büros stehen allerdings noch nicht fest. Mindestens vorläufig erhält Poppe lediglich eine Aufwandsentschädigung. „Am Montag komme ich nach Bonn und hoffe, daß dann mein Büro fertig ist.“ Der Mitarbeiterstab des künftigen Menschenrechtsbeauftragten wird voraussichtlich nicht allzu groß sein.

Die Biographie des 57jährigen ist vom Thema Menschenrechte geprägt – nicht nur wegen seines Engagements in der Oppositionsbewegung der DDR. „Das ist nur die eine Hälfte.“ Acht Jahre hat er im Auswärtigen Ausschuß des Bundestages gesessen und war auch im Unterausschuß Menschenrechte tätig. „Die meisten Reisen, die ich als Abgeordneter gemacht habe, führten in Krisenregionen, also fast immer in Staaten, wo die Menschenrechte verletzt werden.“ Zu den Zielen gehörten unter anderem Bosnien, der Kosovo, Tibet und Afghanistan. Poppe hat nun angekündigt, „schon bald“ in seiner neuen Funktion in den Kosovo und auch nach Belgrad reisen zu wollen.

Der neue Beauftragte sieht seine Arbeit auf verschiedenen Ebenen angesiedelt. Er will sich für eine abgestimmte Politik der EU-Staaten in der Menschenrechtsfrage einsetzen und die Zusammenarbeit mit Partnerländern im Osten wie Polen, Tschechien und Ungarn verstärken. „Außerdem müssen wir uns darum bemühen, eine gemeinsame Sprache mit den USA zu sprechen.“ Es gebe ja durchaus Anlaß zu berechtigter Kritik an ihnen, etwa im Blick „auf die Blockadepolitik bei der Einrichtung des internationalen Strafgerichtshofes“.

Eine weitere Ebene ist nach Poppes Ansicht die enge Zusammenarbeit mit dem Bundestag und dem neu gebildeten Menschenrechtsausschuß. „Das ist mir in der letzten Legislaturperiode etwas zu kurz gekommen.“ Darüber hinaus plädiert er für eine engere Abstimmung zwischen Auswärtigem Amt und Innenministerium in Fragen, die beide Ressorts betreffen, wie etwa Flüchtlinge. Abschiebungen hätten „natürlich auch außenpolitische Konsequenzen und sind ein Menschenrechtsthema“.

Gerd Poppe hält für möglich, daß er in vielen Bereichen nur „Anstöße“ liefern kann. In der eigenen Partei war der Vertreter des realpolitischen Flügels in der Vergangenheit übrigens nicht immer unumstritten. Das hält Poppe jedoch jetzt nicht für ein Handikap: „Ich verstehe mein Amt nicht als das eines Parteimitglieds, sondern überparteilich und überfraktionell.“