Wenn et Bedde sich lohne däät

■ Der ehemalige Weltklassefußballer Bernd Schuster hat eine offenbar freudlose Gegenwart als Trainer von Zweitligist 1. FC Köln. Und die Zukunft? „Ich habe nicht gesagt, daß ich optimistisch bin“

Berlin (taz) – Mal sehen, ob er sich heute zu einem Lächeln hinreißen läßt – einem klitzekleinen vielleicht. Ist ja immerhin 11.11.

Eher nicht. Zum einen sah es wirklich nicht so aus, als würde sich Bernd Schusters Miene in nächster Zeit aufhellen, als er Montag abend, versorgt mit zwei Flaschen Mineralwässerchen, auf sein Berliner Hotelzimmer eilte. Zum anderen ist verläßlichen Quellen zufolge beim Fußball-Zweitligisten 1. FC Köln eh das ganze Jahr Karneval.

In so einer Situation ist ein 1:1 beim Aufstiegsaspiranten Tennis Borussia „ein Punkt, mit dem man zufrieden sein muß“, sagt Schuster. Insbesondere, da ihn der FC weniger gewann, als daß ihn der Tabellenvierte Tennis Borussia herschenkte, auf Grund mangelhafter Chancenverwertung und auf einem regennassen Rasen, der das probate schnelle TeBe-Kombinationsspiel weitgehend unmöglich machte. Der FC? Habe „gekämpft“, fand Schuster und „teilweise gespielt“. Das Wort „teilweise“, wiederholte er, so als wolle er den Unterschied zwischen Gesagtem und Gemeintem unterstreichen. Schuster (38) hat es wirklich nicht leicht. Seine Arbeit hat er eben als „Scheißjob“ beschrieben, das 0:1 gegen Stuttgart zuvor hat ihm „körperlich weh getan“. Seine eigene Wichtigkeit hat er längst relativiert. „Mein Gott“, er sei doch bloß „einer von Tausenden, die schon hier waren“. Es ist klar, daß Tausende folgen werden. Die interessante Frage aber, wie immer: Wann?

FC-Präsident Albert Caspers hat in Berlin noch einmal seinen Entschluß stabilisiert, „das durchzuziehen“. Das hat sich angedeutet, als man Schuster zuvor zwei Profis suspendieren ließ, den besten Toreerzieler Gaißmayer und den wechselhaften Keeper Menger.

Das Saisonziel Wiederaufstieg wird zurückgestellt, der neue Sportdirektor Hannes Linßen soll bis Weihnachten wenigstens „einen Kader zusammenstellen, der den Abwärtstrend der letzten drei Jahre stoppt“. Bedarf ist vorn und hinten, wo nun mit Markus Pröll (19) ein Euskirchener Gymnasiast im Tor steht, der kurz nacheinander das Thema eines Goethe-Aufsatzes verfehlte – und die zu Dermechs 1:0 führende Ecke (21.).

Die Frage ist, wie der eher frohgemut lebensbejahende Linßen (49) mit dem zum Autismus neigenden Grübler Schuster einen Dialog zustande bringt. Der Mann ist tatsächlich, das hat Linßen bereits ermittelt, „anders als die meisten anderen Menschen“. Der erfahrenste Mann der zweiten Liga soll dem Außerirdischen etwas Bodenhaftung geben und bildete in Berlin einen bemerkenswerten Kontrast: Er strahlte nämlich. „Wenn wir hier vier Stück gekriegt hätten“, sinnierte er, noch einmal eine Packung wie etwa gegen Hannover (1:6), hätte das weder die nicht mehr von Schusters Fußballerruhm paralysierten Kölner Medien goutiert noch die in aller Stille abgerückten Anhänger.

„Ein großes Risiko“ sei das gewesen, sagte Linßen, daß Schuster seinen taktischen Experimenten ein personelles hinzugefügt hatte, indem er den Spielmacher Wollitz als Libero testete. Es wurde durch das Ergebnis zunächst als richtig bestätigt, hat allerdings dazu beigetragen, daß der FC vollends ohne erkennbares Kreativkonzept wurstelte. Schusters Offensivfußball gilt bei den anderen FC-Verantwortlichen als gescheitert. Nun läßt Schuster „nicht gerade hurra“ spielen, wie das TeBe-Trainer Gerland freundlich umschrieb. Er steht dabei aber am Spielfeldrand, als wolle er sagen: Ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt.

Stimmt der Punkt von Berlin Schuster optimistisch, den vormaligen Dauer-Bundesligisten doch Richtung bessere Zeiten zu bringen? „Ich habe nicht gesagt, daß ich optimistisch bin“, knurrte er finster, „ich habe gesagt, daß es für die Mannschaft in der Situation gut ist.“ Am Sonntag kommt mit Greuther Fürth der nächste Spitzenklub zum nicht mehr Tabellen-13. sondern -11. Zum Lachen ist das nicht. Peter Unfried