Streit über Kosten für Bergung der „Pallas“

Naturschützer bezweifeln, daß die Havarie des Frachters vor der Insel Amrum unvermeidbar war. Ihr Vorwurf: Zumindest die Ölkatastrophe wäre verhindert worden, wenn größere Schlepper eingesetzt worden wären  ■ Von Heike Haarhoff

Hamburg (taz) – Schwarze Flecken schimmern auf den Sandstränden der Nordseeinsel Föhr. Ein schmieriger Ölfilm auf dem Meer, der seit dem späten Montag abend die Nachbarinsel Amrum umschließt. Dazwischen treiben verklebte Gefiederklumpen.

Die Bilder erinnern an die verheerenden Öltanker-Unglücke der „Exxon Valdez“ vor Alaska oder der „Amoco Cadiz“ vor der bretonischen Küste. Naturschützer, Rettungsmannschaften der Feuerwehr und Mitarbeiter des Kieler Umweltministeriums brachten sie auch gestern von ihren Überwachungsflügen über Amrum und Föhr mit. Dabei ist die Ölkatastrophe, die das Wattenmeer seit zweieinhalb Wochen bedroht, vergleichsweise gering: Lediglich 20 der insgesamt 600 Tonnen Schweröl und 150 Kubikmeter Diesel an Bord des vor Amrum gestrandeten Holzfrachters „Pallas“ sind bislang ausgelaufen. Der Riß zwischen der fünften und sechsten Ladeluke des Wracks hat sich trotz Unwetter und Sturm glücklicherweise nicht vergrößert. Auch das befürchtete Bersten des Frachters ist bislang ausgeblieben.

Und dennoch: Auch mehr als zwei Wochen nach dem 25. Oktober, als auf dem italienischen Holzfrachter „Pallas“ vor der dänischen Küste ein Feuer ausbrach, in dessen Folge das Schiff in der Nähe von Amrum auf Grund lief, ist der Schwelbrand an Bord immer noch nicht gelöscht. Alle Abschleppversuche sind gescheitert. Gestern nachmittag erst rückte ein holländisches Bergungsunternehmen an, das ab heute die Flammen bekämpfen soll. Das ist die Voraussetzung für alle weiteren Bergungsschritte.

Zuvor hatte sich die Einsatzleitgruppe der fünf Küstenländer und des Bundes zur Bekämpfung von Meeresverschmutzungen (ELG) in zähen Verhandlungen dazu durchgerungen, die niederländische Firma zu beauftragen. 8.000 Dollar kosten die Löscharbeiten pro Tag, gehofft wird, daß die Schiffsversicherung den Löwenanteil trägt. Die italienische Reederei habe sich derweil aus der finanziellen Verantwortung gezogen, rügte der schleswig-holsteinische Umweltminister Rainder Steenblock (Bündnis 90/Die Grünen).

Erst wenn das Feuer im Laderaum gelöscht ist, könne mit dem Abpumpen des Öls durch eine Spezial-Hubinsel begonnen werden, erklärte eine Ministeriumssprecherin. Bis dahin sei das Auseinanderbrechen des Frachters nicht auszuschließen. 10.000 Eider- und Trauerenten, die sich zur Zeit in dem gefährdeten Gebiet aufhalten, möglicherweise auch Kegelrobben und Schweinswale, wären dann nicht mehr zu retten, befürchtet das Landesamt für den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Wegen der schlechten Wetterverhältnisse habe man nicht früher mit den Arbeiten beginnen können.

Unterdessen vermag die Umweltschutzorganisation Greenpeace ihre Wut über die „dermaßen unkoordinierte Bergungsaktivität“ kaum zurückzuhalten. Der Fall „Pallas“ zeige, daß ein wirksamer Schutz der deutschen Nordseeküste zur Zeit nicht gegeben sei. Hans von Wecheln, Vorstand der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste, hegt Zweifel, daß die Havarie der „Pallas“ unvermeidbar war. Erst viel zu spät seien Bergungsschlepper ausgesandt worden, und dann auch noch solche mit zu geringer Kapazität. Vorwürfe, die das Wasser- und Schifffahrtsamt Cuxhaven zurückgewiesen hat. Einig ist man sich nur mit Uwe Schneider vom Verein Jordsand zum Schutz der Seevögel und der Natur: „Das Ökosystem ist schwerstens gefährdet.“