Kirche leidet unter Steuerreform

■ Die Bonner Steuerreform verschärft die Probleme der Evangelischen Landeskirche. Kirchensteuer sinkt um etwa 15 Prozent. Dennoch sollen nur wenige Stellen gestrichen werden

Die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg (EKiBB) schaut mit Entsetzen auf die angekündigte Steuerreform der rot-grünen Koalition in Bonn: Als Ergebnis dieser Reform würden die Einnahmen aus den Kirchensteuern in den Jahren 1999 und 2000 voraussichtlich um 15 Prozent sinken, erklärte die Finanzchefin der EKiBB, Barbara Hoepner, bei ihrer Haushaltsrede auf der gestrigen Synode der Kirche.

Während man für das laufende Jahr mit Kirchensteuereinnahmen von 298 Millionen Mark rechne, würden 1999 und 2000 nur noch jeweils 253 Millionen erwartet. Denn die Kirchensteuer ist an die Einkommensteuer gekoppelt, die nach der Steuerreform zurückgehen wird. Damit verschärft sich die Finanznot der gebeutelten Landeskirche, die schon seit Jahren versucht, ihren Haushalt ins Lot zu bringen. Der Gesamthaushalt werde 1999 voraussichtlich 508 Millionen betragen, während im Jahr 2000 nur noch 488 Millionen zur Verfügung stünden, sagte die Finanzchefin. Seit 1994 seien allein zum Ausgleich der ordentlichen Haushalte 215 Millionen Mark aus den Rücklagen entnommen worden. Bei einem Gesamtvermögen der Kirche von 198 Millionen Mark im Jahr 1997 stünden nur noch 90 Millionen als Rücklagen zur Verfügung – die Betriebsmittelrücklage habe Ende 1997 sogar nur 26 Millionen betragen, obwohl das kirchliche Vermögensgesetz mindestens 74 Millionen verlange.

Bischof Wolfgang Huber bezeichnete die Behauptung mehrerer Gewerkschaften jedoch als falsch, die Landeskirche wolle angesichts leerer Kassen „circa 400 Stellen streichen“. Zwar sei die Kirche seit 1996 damit beschäftigt, insgesamt 427 von etwa 7.500 Stellen abzubauen. 296 seien aber bereits gestrichen, weitere 131 würden als Überhangstellen geführt: Von diesen sollen die meisten als sogenannte K.w.-Stellen nicht mehr besetzt werden, wenn etwa der derzeitige Arbeitnehmer in den Ruhestand geht.

Huber wandte sich in seinem Rechenschaftsbericht zu Beginn der viertägigen Synode gegen Äußerungen Martin Walsers zur Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an den Schriftsteller. Er habe „das Maß des Erträglichen überschritten, als er von Auschwitz als ,Moralkeule‘ sprach“, sagte Huber.

Zu Diskussionen auf der Synode führte auch die Überlegung des Generalsuperintendenten Rolf Wischnath, den für die Abschiebung von 74 bosnischen Flüchtlingen im Juli verantwortlichen Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) vom Abendmahl auszuschließen. Der Abendmahlausschluß sei kein „Instrument des öffentlichen Abstrafens“, das „Mahl des Herrn“ dürfe nicht in den „Anschein eines politischen Mittels“ gerückt werden, wies Huber den Vorschlag zurück. Philipp Gessler