Kommentar
: Die Titanic wird langsamer

■ Wasserstadt: Ende der Verschwendung?

Die Wasserstadt GmbH ist wie die Titanic. Obwohl sich der Eisberg schon deutlich aus dem Meer erhebt, pflügt der Gigant weiter durch die See. Doch da kommt ein kleines Boot längsseits. Dessen Mannschaft entert die Brücke des Ozeanriesen und stoppt die Maschinen. Mit Hilfe des Rechnungshofes hat der Bauauschuß des Parlaments gestern weitere Ausgaben für die Wasserstadt einstweilen unterbunden. Später könnte diese Entscheidung als diejenige gelten, die die absehbare finanzielle Katastrophe doch noch verhindert hat – oder sie in Grenzen hielt.

Die Fahrt der Berliner Titanic „Wasserstadt“ begann vor ungefähr zehn Jahren. Damals waren die Pläne für das Schiff und seine technische Ausstattung auf einem ziemlich modernen Stand. Gerade nach der Wende meinte man Flächen für hochwertige Wohnungen und Gewerbeansiedlungen entwickeln zu müssen, um beides in der Stadt zu halten. Das brandenburgische Umland begann damals, dem Stadtstaat Berlin Konkurrenz zu machen. Doch das Projekt „Entwicklungsgebiete“ hatte ein paar Planungsfehler. Die Menge der Flächen war einfach zu groß, sie überstieg die Nachfrage angesichts günstiger Immobilien im Umland bald bei weitem. Außerdem blieb das urbane Bürgertum aus, das manche StadtplanerInnen gerne aus der Republik an die Spree gelockt hätten.

Der Teufel steckt auch in der Konstruktion. Anstatt das Milliardenprojekt unter seinen Fittichen zu behalten, gründete der Senat, ein notorisches Opfer der Privatisierungsideologie, eine externe Gesellschaft, um die Entwicklungsgebiete zu managen. Die aber entzog sich schon bald einer wirksamen Kontrolle und versuchte – darin jeglicher Bürokratie ähnlich – die urspünglichen Prämissen gegen die sich ändernde Wirklichkeit durchzusetzen. Die Titanic blieb bis heute stur auf ihrem Kurs, woran der Senat als Eigner ein gerüttelt Maß an Verantwortung trägt. Er überließ die Führung des Schiffes einer inkompetenten Mannschaft, die sich wenig bis gar nicht um Wetterlage und etwaige Hindernisse scherte. Motto: Das Schiff gehört nicht uns, und außerdem gibt es Rettungsboote.

Mittlerweile ist klar, daß die Wasserstadt mit ihren Entwicklungsgebieten zu den Paradebeispielen einer gescheiterten Stadtentwicklung gehört. Wenn das Abgeordnetenhaus jetzt nicht die Brücke besetzt und der Titanic- Crew das Handwerk legt, könnte der Verlust fürs Land irgendwann bei 2 Milliarden Mark liegen statt bei einer wie heute. Hannes Koch