„Homoliteratur ist bei uns normal“

■ Peter Hedenström, im „Prinz Eisenherz“ der letzte aus der Gründungscrew, darüber, warum es Buchläden extra für Homos noch geben sollte. Der Laden ist mehr als nur eine Homobücherecke

taz: Wozu braucht es noch Läden wie den „Prinz Eisenherz“? Inzwischen führen auch normale Buchhandlungen und -kaufhäuser Bücher für Schwule und Lesben.

Peter Hedenström: Da hat sich während der vergangenen zwanzig Jahre wirklich eine Menge getan – ob nun bei Karstadt in Stadtteilen, wo viele Schwule wohnen, oder auch hier in Berlin beim großen Buchhaus Kiepert.

Wir freuen uns darüber, daß die schwulen Buchhändler in diesen Buchhandlungen Ecken mit Homoliteratur einrichten dürfen.

Reicht das denn nicht?

Nein, denn letzten Endes haben diese Abteilungen nicht das Angebot, das wir bieten können.

Woran mangelt es diesen Homoliteraturecken? Gibt es dort etwa nicht Baldwins „Giovannis Zimmer“ zu kaufen?

Doch, diesen Klassiker natürlich; auch Geschichten von Rita Mae Brown, Detlev Meyer oder die Comics von Ralf König.

Aber eben nicht das, was wir organisieren können. Meist sind es wenige Quadratmeter für, so heißt das bei denen, „Special Interest“- Bücher.

Den allgemeinen Bestellservice haben aber alle Buchhandlungen.

Ja, aber beim „Prinz Eisenherz“ muß eben das meiste nicht geordert werden. Es ist einfach da.

Das klingt jetzt wie Werbung.

Ist aber nicht so gemeint. Wir können uns entspannt darüber unterhalten, daß wir locker genug wären, in Paderborn oder Lüneburg in irgendeiner Buchhandlung beispielsweise ein Buch mit offenkundig homosexuellem Inhalt zu bestellen.

Aber vielen fehlt entweder dieser Mut, oder sie haben einfach nicht die Energie, das Spielchen „Na, was wird jetzt die Verkäuferin denken“ mitzumachen.

Und was ist bei euch leichter?

Bei uns ist klar: Hier gibt es alles, was in Buchform zum Thema Homosexualität herausgegeben wurde. Alle wissen, wer bei uns im Laden einkauft, wer vor den Regalen steht, ist schwul oder wird für schwul gehalten.

Niemand muß bei uns fürchten, deswegen für besonders gehalten zu werden. Uns wird es so lange geben, bis es keine Unterscheidung mehr gibt zwischen Homo- und Heterosexualität.

In dem Berliner Homostadtmagazin „Siegessäule“ steht, bei euch stünde im Regal „neben Fichte Ficken“. Ein schönes Lob. Trotzdem ein ungewöhnliches buchhändlerisches Prinzip: Warum trennt ihr nicht zwischen sogenannter schmutziger Literatur und der, die man auch in der U-Bahn lesen kann?

Ja, weil es nach unserem Verständnis eigentlich nichts zu trennen gibt. Aber meist gehen pornographisch Interessierte sowieso in die entsprechenden Läden und nicht zu uns.

Aber wenn ein Kunde souverän genug ist, bei uns ein Buch zu kaufen, das auf keinen Fall mit literarischer Lust etwas zu tun hat, hat es mich immer gefreut. Interview Jan Feddersen