Der General räumt seinen Posten

Eine positive Bilanz zog der scheidende Berliner Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) gestern. Doch schwergemacht haben es ihm „die Gutmenschen dieser Welt“  ■ Von Barbara Junge

Einen Rat will der scheidende Berliner Innensenator seinem Nachfolger mitgeben: „Nicht einknicken, es ist so schwer, sich danach wieder gerade aufzurichten.“

Jörg Schönbohm, berühmt, berüchtigt und umstritten wegen seiner „klaren Worte“ zu Ausländern, Flüchtlingen und Linken in der Hauptstadt, von seinem eigenen Parteichef, Berlins Regierendem Bürgermeister Eberhard Diepgen, dazu gedrängt, aus dem Amt zu scheiden, gab gestern seinen Abschied.

Knapp drei Jahre regierte der ehemalige General die Innere Sicherheit der Hauptstadt. Er räumte auf mit Hausbesetzern, sprach von Ghettos in der Stadt, von Quartieren, in denen man sich nicht mehr wie in Deutschland fühle. Wenige in Berlin hatten sich bis dato so flächendeckend unbeliebt gemacht. Doch Schönbohm ging weiter, formulierte Ambitionen, den Regierenden Bürgermeister als CDU-Spitzenkandidaten in den kommenden Berliner Wahlen abzulösen. Gedankt hat es ihm seine Partei nur spärlich. Als er seine Bereitschaft erklärte, den Vorsitz der Union im benachbarten Brandenburg zu übernehmen, machte Diepgen kurzen Prozeß: Dann mußt du deinen Posten als Innensenator aufgeben, ließ er seinen Konkurrenten wissen.

Ein enttäuschter, ein wütender, aber ein kampfeslustiger Mann präsentierte sich gestern noch einmal vor der Presse. Am Montag um neun Uhr wolle er in der Geschäftsstelle in Brandenburg auftauchen. Demokratie will er wiederherstellen in einem Land, in dem ja quasi eine Staatspartei, die SPD, herrsche. Politische Prioritäten will er dort setzen, die in Berlin ja manchmal untergingen – die Innere Sicherheit insbesondere.

Aber wer in Berlin bringe einen denn zum Einknicken? Die Medien, der Koalitionspartner SPD „und die eigene Partei“. Abgemacht sei gewesen, daß sie gemeinsam – er und der Regierende Bürgermeister – seinen Abschied und zugleich seinen Nachfolger präsentieren. „Und dann stand der Nachfolger in der Zeitung. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.“

Doch von Scheitern wollte der General nicht reden. Eine positive Bilanz seiner Arbeit könne er präsentieren: die Reform der Verwaltung, der hauptstädtischen Polizei, die Korruptionsbekämpfung. Und die Hausbesetzer. Direkt nach seiner Vereidigung habe man ihn gefragt, ob es am Ende seiner Amtsperiode denn noch besetzte Häuser in Berlin geben werde. „Wieso denn am Ende?“ habe er zurückgefragt. Die Drohung hat er wahr gemacht. Dabei gehe es nicht eigentlich um die Besetzer, „es geht um die Mentalität dahinter“. Und mit der habe er aufgeräumt.

Zur positiven Bilanz zählt der Wanderer nach Brandenburg auch seine Äußerungen zu Ausländern. Themen habe er auf die Tagesordnung gehievt, Probleme benannt, „und heute beschäftigt man sich offen mit diesen Problemen“. Ein langer Prozeß sei das gewesen.

„Sensibel, fein ziseliert, ausgewogen und differenziert habe ich die Probleme angesprochen.“ Doch die Diskussion sei nicht aufgegriffen worden. „Und auf einmal war der Bock fett.“ Dabei habe er nur wiederholt, was er schon längst gesagt hatte, „nur etwas griffiger formuliert“. Dann sei die Heuchelei losgebrochen, „und alle Gutmenschen dieser Welt oder dieser Stadt waren auf den Barrikaden“. Trotzdem komme er zu dem Schluß: „Es war richtig, daß ich den Rammbock gegen die Political Correctness gemacht habe.“

Nur eines, das mußte Jörg Schönbohm seinen KollegInnen noch einmal mitgeben, hauptstadtfähig sei diese Berliner Politik nicht. Morgen wolle er seinem Nachfolger Eckart Werthebach die Amtsgeschäfte übergeben. „Aber eine Verabschiedung durch den Senat, das gibt es hier in Berlin nicht.“ Einer Metropole würdig wolle er das nicht nennen.