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Kommissar Zufall

■ Erste Zwischenbilanz der Kampagne "Netz gegen Kinderporno" veröffentlicht

Axel Kossel, Redakteur bei der Computerzeitschrift c't, kann es sich selbst nicht so recht erklären. „Es sind vor allem Webadressen“, sagt er. Seit drei Monaten versucht der Heise-Verlag, bei dem die c't erscheint, seinen eigenen, von Fachkompetenz getragenen Beitrag zum Kampf gegen die Kinderpornographie im Internet zu leisten. Der Kampagne unter dem Titel „Netz gegen Kinderpornos“ (www.heise.de/ct/Netz_gegen_ Kinderporno/) schlossen sich die Online-Redaktionen von Spiegel und von Stern an, unterstützt wird sie unter anderem auch vom Kinderschutzbund und der Staatsanwaltschaft in Hannover.

Kernstück der Aktion ist eine Webadresse, unter der Kinderpornos anonym angezeigt werden können. Kossel sichtet die Beschwerden und leitet alle nicht offensichtlich sinnlosen an die Polizei weiter. Ein Agreement zwischen dem in Hannover ansässigen Verlag und der dortigen Staatsanwaltschaft sorgt dafür, daß die Polizei nicht näher nachfragt, woher der Hinweis kommt – nach deutschem Recht ist es bereits strafbar, Kinderpornographie zu besitzen, und sei es nur zu angeblichen oder wirklichen Dokumentationszwecken auf der eigenen Festplatte.

Am Montag veröffentlichte der Verlag seine erste Zwischenbilanz. Über 450 Anzeigen hat Kossel bisher weitergeleitet, in 300 Fällen sind Ermittlungen aufgenommen worden. Das Thema ist offenbar nicht an die Konjunktur von Sommerloch und Wahlkampf gebunden. Ungefähr 150 Hinwese im Monat kommen an, diese Zahl sei ziemlich konstant, stellt Kossel fest. Was ihn weit mehr überrascht, ist indessen, daß nur selten einschlägige Newsgroups und Chatkanäle genannt werden. Die große Mehrheit der Anzeigen geht ein, weil jemand zufällig im Web über harte Kinderpornos gestolpert sein will. „Die Beschreibungen waren eindeutig, und ich habe es manchmal selbst nachgeprüft“, sagt Kossel in der Hoffnung, daß ihm das nicht als Rechtsverstoß ausgelegt wird. „Ich brauchte nur den gemeldeten URL einzugeben und war da. Es war wirklich Kinderpornographie.“

Daß solche Fundstücke immer von vollkommen arglosen Surfern aufgetrieben wurden, bezweifelt auch Kossel. „Viele geben zu, daß sie nach Pornographie gesucht haben“, sagt er, „aber das ist schließlich nicht strafbar.“ Offenbar haben bekannte Pornoserver in den hinteren Verzeichnissen auch verbotenes Material für Kenner gespeichert. Besonders schwierig dürfte die Fahndung in den Fällen werden, in denen Surfer unter den Homepages auf dem Server von Geocities fündig wurden – dort können Webseiten unter Angabe einer bloßen Mailadresse umsonst abgelegt werden. Geocities duldet zwar keinerlei Pornographie – auch keine erlaubte. Die häufigen Hinweise auf diese Dachadresse zeigen aber, daß die Webmaster des Gratisservers nicht immer überblicken, was ihre Kunden ablagern. „Wir können Geocities nur darauf hinweisen“, sagt Kossel.

Noch weniger Chancen, Täter zu finden, sieht Kossel bei japanischen und den russischen Adressen, die ebenfalls häufig in den Anzeigen auftauchten. Anders als bei Geocities könnten dort auch kommerzielle Pornohändler dahinterstecken. Einige der Anzeigen allerdings betrafen überhaupt nicht das Internet. Ein Computerfachmann war auf der Festplatte eines Kunden auf Kinderpornos gestoßen, andere hatten verbotenes Material in Sexshops der analogen Welt entdeckt. Diese Hinweise wurden an die jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften weitergeleitet – ein besonderer Zeugenschutz schien dem Verlag in diesen Fällen nicht erforderlich. Niklaus Hablützel

niklaus@taz.de

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