Schweizer kaufen deutschen Reiseriesen

■ Kartellamt zwingt Bank zum Verkauf: Die Swissair übernimmt LTU-Aktien und wird damit zum europaweiten Ferienflieger. Deutsche Urlaubskonzerne belegen in Europa die Plätze eins, drei und fünf. LTU muß

Berlin (taz/dpa) – Ein dementiertes Gerücht noch war es im Juni, im Juli wurden schon „Gespräche“ zugegeben, seit gestern ist es offiziell: 49,9 Prozent der LTU Touristik werden an die Swissair-Gruppe verkauft. Über den Preis wurde Stillschweigen vereinbart. Die LTU bleibt weiterhin in deutscher Hand, versicherte der Großaktionär Westdeutsche Landesbank. Die restlichen 50,1 Prozent sollen im Lauf des nächsten Jahres an eine neugegründete LTU Holding GmbH verkauft werden, an der wiederum deutsche Investoren die Mehrheit halten sollen, so WestLB-Chef Friedel Neuber gestern in Düsseldorf.

Die WestLB hält 34 Prozent der LTU und will auf zehn Prozent reduzieren. Gut 60 Prozent gehören noch den Erben des Firmengründers Kurt Conle. Die Staatsbürgerschaft der Besitzer von LTU ist nicht nur für Nationalisten wichtig. Nach dem europäischen Luftfahrtsrecht gibt es große Probleme mit den Landerechten, wenn eine Gesellschaft ins Ausland verkauft wird.

Die Swissair ist mit der LTU ihrem Ziel recht nahe, ein europaweites Ferienfliegernetz aufzubauen. Schon Ende August hatten die Schweizer mit ihren im Linienflug verdienten Fränklis die norditalienische Charterfirma Volare gekauft, Ende Oktober folgte dann Italiens Nummer eins der Urlaubsfliegerei, Air Europe. Kooperationen gibt es mit der belgischen Sobelair.

Die WestLB wiederum war vom Kartellamt gezwungen worden, die LTU-Anteile zu verkaufen. Die Wettbewerbshüter aus Berlin sahen sonst eine unzulässige Konzentration im deutschen Reisegewerbe, weil die Großbank WestLB über ihre Beteiligungen zum Urlaubsorganisator Nummer eins aufgestiegen ist: Sie hält ein gutes Drittel an der Preussag. Der ehemalige Stahlkonzern wiederum vereinigt nach einer kompletten Neuausrichtung des Geschäfts TUI und Hapag-Lloyd unter seinem Dach. Als zweite große Reisegruppe in Deutschland wäre nur die Lufthansa/Condor/NUR übrig geblieben.

Die WestLB hätte den Markt beherrscht

Die großen Reiseveranstalter Europas sind allgemein auf Einkaufstour. Sie folgen dem Branchentrend zum „vertikal integrierten Konzern“, der vom Reisebüro über Fluggesellschaften und Hotels alles aus einer Hand anbietet. Der europäische Urlaubskonzern Nummer eins ist die TUI mit 8,1 Milliarden Mark Umsatz und 6,8 Millionen bewegten Urlaubern im Geschäftsjahr 1997. Auf Platz drei folgt NUR mit 5,0 Milliarden und 5,3 Millionen Teilnehmern. Auf Platz fünf schließlich findet sich die LTU mit drei Milliarden Umsatz durch 2,3 Millionen Passagiere. Die Plätze zwei und vier belegen die britischen Airtours und Thomson. rem