In Rußland einen kühlen Kopf bewahren

Kanzler Schröder will nächste Woche in Moskau Boris Jelzin und führende Persönlichkeiten aus einem breiten politischen Spektrum treffen. Einer neuen Bitte um Wirtschaftshilfe will Schröder nicht entsprechen  ■ Aus Bonn Bettina Gaus

Bundeskanzler Gerhard Schröder will bei seinem Besuch in Moskau Anfang kommender Woche führende Persönlichkeiten aus einem möglichst breiten politischen Spektrum treffen. Der Kanzler sei daran interessiert, „raus aus der Sauna zu gehen“, hieß es dazu gestern aus Regierungskreisen in Anspielung auf die „Männerfreundschaft“ zwischen Altbundeskanzler Helmut Kohl und dem russischen Präsidenten Boris Jelzin, die auch gemeinsame Saunabesuche eingeschlossen hatte.

Schröder wird Jelzin erst am zweiten Tag seines Aufenthalts zu einem halbstündigen Gespräch und anschließendem Mittagessen treffen. Aufgrund der gesundheitlichen Probleme des russichen Präsidenten sei eine Änderung der Planung niemals auszuschließen. Dafür gebe es bisher aber keinerlei „Indizien“, wurde in Bonn mitgeteilt. Die russische Seite habe vielmehr signalisiert, daß Jelzin sehr an dem Treffen mit Schröder interessiert sei.

Der neue deutsche Regierungschef wird in Moskau neben Ministerpräsident Jewgeni Primakow und Außenminister Igor Iwanow auch eine Reihe von Oppositionspolitikern treffen, darunter den ehemals „starken Mann“ Alexander Lebed und Kommunistenführer Gennadi Sjuganow. „Der Bundeskanzler hat keine Scheuklappen“, wurde in Regierungskreisen gesagt. Es gehe ihm darum, „tatsächlich breitere Kontakte nach Moskau hinein zu haben“. Es gebe übrigens keine Hinweise darauf, daß die russische Regierung das ungern sehe.

Ein Schwerpunkt der Gespräche wird die Wirtschaftskrise in Rußland sein. Einer neuerlichen Bitte um finanzielle Hilfe will Gerhard Schröder dem Vernehmen nach nicht entsprechen, solange Rußland kein „durchgerechnetes, schlüssiges Wirtschaftskonzept“ vorgelegt habe. „Scheckbuchdiplomatie“ sei nicht sinnvoll, andererseits stehe außer Frage, daß „etwas getan“ werden müsse. Im Bundeskanzleramt wird in diesem Zusammenhang über „Beratungshilfe“ für das zu erarbeitende Wirtschaftskonzept nachgedacht.

Die Krise im Kosovo und der sich zuspitzende Konflikt werden weitere Themen sein, die der deutsche Regierungschef in Moskau erörtern will. Der Bundeskanzler werde von seinen russischen Gesprächspartnern „ein kooperatives Verhalten einfordern“, hieß es dazu in Bonn. Was das konkret heißen soll, war nicht zu erfahren. Allerdings wurde darauf hingewiesen, daß derzeit auch die russische Regierung mit der Haltung des irakischen Präsidenten Saddam Hussein „nicht sehr zufrieden“ sei. Der Irak verstoße gegen internationale Resolutionen, die auch Rußland mitbeschlossen habe.