Vergebliche Suche nach den Gefahren der Nacht

■ Seit dem Brand von Göteborg wittern die Behörden auch in Berliner Techno-Clubs Sicherheitsmängel

Freitag abend, viertel nach zehn. Vor dem Tresor, Berlins bekanntester Technodiskothek im Bezirk Mitte, haben sich vier Kamerateams und ein Dutzend anderer Journalisten versammelt. Doch sie warten nicht auf einen berühmten DJ. Das Bauamt hat zu später Stunde zum Ortstermin geladen.

Denn seit der Brandkatastrophe in einer Göteborger Diskothek ist die Hauptstadt in Aufregung. Spätestens seit die Polizei des Nachts in einer Spandauer Diskothek verstellte Fluchtwege vorfinden und verschlossene Notausgangstüren feststellen mußte, kann sich das Bezirksamt des Ausgehbezirks Mitte vor Anfragen kaum noch retten: Wäre so etwas auch hier möglich?

„Wenn schwerwiegende Mängel festgestellt werden, dann machen wir den Laden zu“, sagt der leitende Baudirektor Karl Friedrich Metz und klopft an die Tür des Tresor. Doch genau wie schon andere ungebetene Gäste müssen die versammelten Journalisten die Erfahrung machen, daß in Diskotheken nur eingelassen wird, wer das Wohlwollen der Türsteher genießt. „Ohne Drehgenehmigung lassen wir niemand rein“, verkündet die Tresor-Geschäftsführerin Regina Baer und schließt hinter den Mitarbeitern des Bauamts die Tür.

Alles Essig mit Reality-TV. „Und für die Nullnummer haben sie mich aus dem Bett geholt“, echauffiert sich ein älterer Herr, bevor er doch noch in den Vorraum darf. Zum Aufwärmen und ohne Kameras. „Ich gehe jetzt rein“, verkündet ein ARD-Reporter übers Handy. Und der Journalist des Regionalmagazins Abendschau übt sich in Durchhalteparolen: „Dann trinken wir ganz unaufgeregt ein Bier mit der Chefin und reden noch mal drüber.“

Nach einer halben Stunde des Wartens wird es dann aber doch aufregend: Auf der Tanzfläche im Keller darf gedreht werden. Und, gibt es Beanstandungen? „Nein, wir sind zufrieden.“ Gab es mal welche? „Ja, der Tresorraum hatte keine Entrauchungsanlage.“ Kann man die mal ein- und ausschalten? Kann man nicht. Aber ein paar Meter weiter ist ein Schalter an der Wand. „Dies ist die Auslösevorrichtung“, erklärt Kontrolleur Karl Metz in vier Kameras hinein. Dann geht es einen Notausgang entlang, der an einer Tür endet, die mit der Aufschrift „Fuck the Cops“ bemalt ist. Alles ist vorschriftsgemäß beleuchtet.

Schließlich wird das Protokoll der Begehung unterzeichnet, im Blitzlichtgewitter und angeleuchtet von vier Strahlern setzen Metz und Baer ihre Unterschriften unter das Papier. „Wir gehen jetzt“, verkündet die Pressesprecherin des Bauamts kurz nach elf Uhr, „die wollen aufmachen.“ Das Wochenende kann beginnen. Tobias Rapp