Schwarzer Montag für russische Banken

■ Das dreimonatige Moratorium auf die Auslandsschulden der Banken läuft ab

Moskau (taz) – Der heutige Montag wird für die russischen Bankiers der schwärzeste Tag nach dem 17. August. So prophezeiten sie es sich letzte Woche selbst. Gestern nämlich lief das 90tägige Rückzahlungsmoratorium ab, das die russische Regierung über die Auslandsschulden der Banken verhängt hatte.

Nach Angaben des russischen Bankenverbandes schulden die Geldinstitute ihren westlichen Partnern insgesamt 19,2 Milliarden Dollar. Jetzt müssen viele wohl oder übel ihre Zahlungsunfähigkeit erklären. Denn ab heute werden sie vom Westen zur Kasse gebeten – oder aber vor Gericht. Die Deutsche Bank hat bereits gegen ein in Frankreich ansässiges Tochterinstitut der russischen Zentralbank geklagt.

Westliche Experten erwarten auf Grund der kritischen Lage nun einen noch stärkeren Druck auf die Landeswährung Rubel. Zentralbankchef Viktor Geraschtschenko sagte, die russischen Banken müßten sich schon alleine mit den Gläubigern einigen. Die Zentralbank werde lediglich die staatliche Sberbank unterstützen.

Die Gläubiger haben inzwischen einen Pool zwecks Vertretung ihrer Interessen gebildet. Geleitet wird er von der Deutschen Bank – nicht zuletzt, weil Deutschland der größte und somit von der Zahlungsunfähigkeit am stärksten betroffene Partner der russischen Finanzwirtschaft ist. Die von den russischen Banken in der Zwischenzeit eingefädelten Kredit- Restrukturierungsverhandlungen verliefen ohne Erfolg. Bei einem großen Teil der Schulden – über zehn Milliarden Dollar – handelt es sich um kurzfristige Kredite, sogenannte Forward-Kontrakte. Infolge der Weltwirtschaftskrise ist man heute in westlichen Staaten wenig geneigt, solche Verträge zu verlängern. Und mit Aktien der russischen Banken wollen sich deren westliche Partner erst recht nicht abspeisen lassen.

In Insiderkreisen kritisiert man, daß die russischen Banker die drei Monate nicht nur zum Verhandeln genutzt haben. Die westlichen Gläubiger wären ja eigentlich bereit, sich noch einmal mit den russischen Banken zu einigen, meint Julia Kalinina, Kommentatorin der Moskauer Tageszeitung Moskowski Komsomoljez, aber : „Die Sache ist die, daß unsere Banken schon nach dem 17. August mit Hilfe falscher Kontrakte satte vier Milliarden Dollar ins Ausland überwiesen haben – und daß dies den Gläubigern bekannt ist“.

Etwa 700 russischen Banken – knapp der Hälfte aller Geldinstitute des Landes – droht heute der Bankrott. Denn „warum sollen die Ausländer irgend etwas restrukturieren, wenn sie genau wissen, was wo gepfändet werden kann?“ fragt Viktor Gussarow, stellvertretender Vorstand der Bank Derschawa. Barbara Kerneck